Vernetzen ist mehr als Werbung machen, oder: Ich like nur, was mir gefällt

Dieser Beitrag ist gewissermaßen ein Zusatz zu dem vorangegangenen Warum sich Autorinnen und Autoren vernetzen sollten, ausgelagert in einen separaten Artikel, um den anderen Beitrag nicht zu überfrachten oder den Schwerpunkt ungewollt zu verlagern.

Ich möchte diesen Beitrag dazu nutzen, meine Haltung gegenüber dem Socializing in den sozialen Medien im Allgemeinen und bei Facebook im Besonderen darzustellen. Wahrscheinlich haben schon viele Leute ähnliche Artikel zu diesem Thema verfasst, aber ich möchte meinen eigenen Standpunkt zu dieser Thematik hier in aller Kürze eigenständig und explizit erläutern.

Werbung, Werbung, Werbung, Ich, Ich, Ich

Ich habe den Eindruck, dass viele Autorinnen und Autoren ihre sozialen Kontakte („Freundschaften“) ausschließlich dazu nutzen, um für sich und die eigenen Werke zu werben. Gegen Eigenwerbung in Maßen ist nichts einzuwenden, und gerade Selfpublisher müssen natürlich irgendwie auf ihre Bücher aufmerksam machen. Aber wenn jemand in den sozialen Medien nichts anderes tut, wird es schnell etwas asozial und egozentrisch. Man begegnet im Netz unglaublich vielen Leuten, die sich selbst als den Mittelpunkt allen Geschehens zu betrachten scheinen. Und es juckt mich beinahe in den Fingern, ein paar von ihnen in ihrer grotesken Ichbezogenheit exemplarisch vorzuführen – aber ich verzichte, weil ich das Prinzip des öffentlichen Anprangerns ablehne.

Zwar bewerbe ich in den sozialen Medien natürlich auch neue Beiträge von mir und dergleichen, aber in erster Linie nutze ich diese Kanäle doch zum Austausch mit anderen Menschen. Letztlich glaube ich auch, dass das vermutlich ohnehin die beste Werbung für die eigenen Sachen ist. Wenn man sich gegenseitig etwas kennenlernt und merkt, der oder die andere hat etwas zu sagen und kann vernünftig denken, dann interessieren mich wahrscheinlich auch die Texte, Bücher oder sonstigen Werke und Produkte dieser Person. Selbstverständlich kann man schwerlich mehrere Hundert Facebook-Kontakte näher kennenlernen oder in einen regen Austausch mit einer solchen Anzahl sozialer Kontakte treten. Aber es sind doch immer einige darunter, die durch witzige, interessante und intelligente Posts auf sich aufmerksam machen und mit denen ich gerne hin und wieder ein paar Sätze wechsle. Und auf diese Weise habe ich schon etliche Menschen – zumindest virtuell – kennengelernt, von denen ich glaube, dass das tolle Leute sind. Vielleicht ergibt sich mit manchen von ihnen in Zukunft ja sogar ein persönliches Kennenlernen oder ein gemeinsames Projekt.

Diejenigen aber, die andauernd nur ihre Werbung überall reinknallen, fallen damit eher negativ auf und relativ schnell durch das Raster meiner Aufmerksamkeit. Da reicht dann schon bald, dass ich den Namen derjenigen oder desjenigen lese, und ich klicke den entsprechenden Beitrag weg oder überspringe ihn, weil es ja doch immer dasselbe ist. Und natürlich ist auch geplant, diese Kontakte zukünftig aus der ´Freundesliste´ auszusortieren, was aber ein Unterfangen ist, das man aufgrund des zu erwartenden Zeitaufwands gerne auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft verlegt.

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Gefälligkeitsdienste unter Freunden

Das mit der Freundesliste ist sowieso so eine Sache. Beinahe jeden Tag erhalte ich auf Facebook eine oder zwei Freundschaftsanfragen, und etwa genauso häufig werde ich dazu eingeladen, Seiten mit „Gefällt mir“ zu markieren.

Ich schaue mir jede Freundschaftsanfrage bzw. das dahinterstehende Profil genau an. Wenn es sich um Kontaktversuche jener jungen, hübschen und freizügigen Frauen handelt, die viel von ihren weiblichen Vorzügen präsentieren und mich dringend näher kennenlernen möchten, rufe ich mich nach ein paar Sekunden Bedenkzeit zur Raison, lösche diese Anfragen schweren Herzens sofort und markiere sie als Spam. Wenn es sich um echte Menschen handelt, schaue ich mir – soweit das möglich ist – ihr Profil und ihre Postings an. Falls die Person einen vernünftigen Eindruck auf mich macht (also z. B. keine AfD-Sympathien oder dergleichen Idiotien herauszulesen sind) und vielleicht überdies sogar auch mit Literatur und Schreiben zu tun hat, nehme ich die Anfrage in der Regel an. Dann geschieht es normalerweise innerhalb der nächsten Stunden, dass ich dazu ´eingeladen werde´, eine Seite dieser Person mit „Gefällt mir“ zu markieren. Das ist auch schön und gut. Ich selbst lade meine Kontakte auf Facebook auch dazu ein, entweder Seiten von mir oder von anderen, die ich gut finde, anzusehen und gegebenenfalls mit „Gefällt mir“ zu markieren.

Der entscheidende Unterschied

Ich verstehe die besagte Facebook-Funktion aber tatsächlich zunächst einmal lediglich als eine Einladung, sich die entsprechenden Seiten anzusehen. Über ein „Gefällt mir“ freue ich mich natürlich. Wenn es aber kein „Gefällt mir“ gibt, weil es der ´eingeladenen´ Person eben nicht gefällt, was sie auf dieser Seite sieht, dann ist das auch okay für mich. Ich selbst markiere nämlich auch nichts mit „Gefällt mir“, was mir nicht wirklich gefällt. Gefälligkeitsdienste gibt es bei mir nicht. Dieses ´likest du mich, like ich dich´finde ich eigentlich ziemlich bescheuert. Es wäre sicher gut, wenn Facebook hier prinzipiell nachbessern würde, so dass man offiziell erst einmal nur dazu eingeladen würde, sich eine Seite anzusehen, anstatt sie sofort mit „Gefällt mir“ zu markieren. Was ist denn das für eine Einladung, die mit einer konkreten Handlungsanweisung verbunden ist?

Aufdringlichkeit

Wenn ich mir irgendeine Autorenseite ansehe und den Eindruck gewinne, dass das etwas ist, was mich nicht interessiert oder was für mein subjektives Empfinden sogar ziemlicher Müll ist, werde ich bestimmt kein „Gefällt mir“ setzen. Auch dann nicht, wenn die entsprechende Person zuvor eine meiner Seiten geliked (kann man das so schreiben?) hat. Ich möchte dann weder eine Nachricht bekommen, in der ich aufgefordert werde, jetzt doch endlich diese scheiß Seite mit „Gefällt mir“ zu markieren, noch möchte ich durch irgendein ominöses ´Anstupsen´ daran erinnert werden, dass ich wohl immer noch nicht gemacht habe, wozu ich eingeladen worden bin und was man von mir erwartet.

Ich würde behaupten, dass hier etwas mit der Erwartungshaltung nicht stimmt.

Womöglich findet man mein Verhalten unhöflich?

Wenn man meine Seite geliked hat, dann gehört es sich doch wohl auch, dass ich im Gegenzug ebenfalls like! Nein, es tut mir leid. Auch wenn es bei manchen scheinbar mittlerweile zum guten Ton gehört und zu falsch verstandener Etikette geworden ist, dass ´Liken´ immer auf Wechselseitigkeit beruhen muss. Ich kann da einfach nicht über meinen Schatten springen, Höflichkeit hin oder her. Wenn mir etwas nicht besonders gefällt, kann ich es nicht liken.

Früher, beim Musik machen im Proberaum, hatten wir immer ein Motto, an dessen wahren und guten und schönen Kern ich auch heute noch glaube: Kein Applaus für Scheiße.

Das ist selbstverständlich etwas drastisch formuliert, aber so ist die Jugend. Und es ist auch selbstverständlich, dass es sich bei der Beurteilung der Facebook-Seiten, die ich mir anschaue und like oder eben nicht, immer um meine subjektive Einschätzung bzw. meinen persönlichen Geschmack handelt; keinesfalls wird von mir der Anspruch auf Objektivität und Allgemeingültigkeit erhoben. Es kann durchaus sein, dass das ganz tolle Sachen sind, die dort gezeigt und angepriesen werden – nur eben nicht unbedingt für mich. Und deshalb kann ich leider auch nicht immer ein „Gefällt mir“ klicken, wenn ich dazu eingeladen werde – selbst dann nicht, wenn man mir vorher denselben Gefälligkeitsdienst erwiesen hat.

Ich like nur, was mir gefällt.


„Sofort erledigt. Gelikt. Im Gegenzug bitte meine Fb Autorenseite liken, ja? Dankeschön“ (Original-Nachricht)


Nein. Lieber nicht. Hat mir nicht besonders gefallen. Ich bitte um Verständnis. Dankeschön.

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3 Gedanken zu „Vernetzen ist mehr als Werbung machen, oder: Ich like nur, was mir gefällt

  1. Zunächst einmal, um meinen Like mal zu Worten zu machen, toller und knallharter Artikel. Auch wenn ich deine Meinung absolut teile, muss auch ich schauen, konsquenter zu sein. Manchmal habe ich den Eindruck, durch das Liken wird mein Like viel wertloser, weil ich ihn so gutherzig verteile.
    Bei mir ist es jedoch nich Facebook, sondern Instagram. Natürlich möchte man als Blogegr für sich werben und wie du gesagt hast, in Maßen ist das auch selbstverständlich ok. Und wenn jemand Bilder von mir liked, gebe ich gerne auch einen Like zurück – wenn mir die Seite gefällt.

    Ich bin gerade richtig motiviert, in dieser Sache besser zu werden. Sogesehen auch Danke für den Denkzettel.

    LG
    Katha

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