Wie man gute Kampfszenen schreibt

Kampfszenen sind so ziemlich die schwierigste Interaktion zwischen Figuren, an denen man sich als Schriftstellerin oder Schriftsteller versuchen kann. Vergleichbar schwer sind eigentlich nur Sexszenen. Kampf und Sex ähneln sich. Es ist wie im richtigen Leben.

Viele Autorinnen und Autoren, die ihr Handwerk in jeder anderen Hinsicht beherrschen, können keine anständige Kampfszene oder Sexszene schreiben. Aber hier soll es nun ja ausschließlich um das Schreiben von Kampfszenen gehen. Obwohl Sexszenen auch immer interessant sind. Ich persönlich bevorzuge sogar den Sex gegenüber dem Kampf. Manche meinen, es sei ohnehin das Gleiche. Und dann gibt es auch noch die Bonobo-Schimpansen. Aber bitte.

Hier soll es nun ja um Kampfszenen im engeren Sinne gehen, und diese zu schreiben, ist nicht so einfach. Glücklicherweise gibt es ein paar Mittel, mit denen Sie nahezu sicherstellen können, dass Sie eine Kampfszene schreiben, die die Leserinnen und Leser von Anfang bis Ende fesselt. Es gibt Grundregeln für Kampfszenen, an die man sich halten sollte.

Nicht alles vorgeben

Es ist eine allgemeine Regel, dass man der Phantasie des Lesers so viel wie möglich überlassen sollte, und das gilt in doppelter Hinsicht für Actionszenen. Das gilt in beinahe dreifacher Hinsicht für Sexszenen, die in gewisser Weise sicher auch als Action-Szenen betrachtet werden könnten, je nach Einsatzbereitschaft der Akteure; aber hier soll es ja nun ausschließlich um Kampfszenen gehen. Also bitte.

Die Choreographie des Kampfes mag klipp und klar vor Ihrem geistigen Auge erscheinen, aber Sie können die Leser nicht zwingen, dasselbe wie Sie zu sehen. Lassen Sie die Leserinnen und Leser Ihre Kampfszene choreografieren. Lassen Sie sie lediglich den Umriss des Kampfes wissen, und sie werden sich ihre eigene bewegte Kampfszene vorstellen. Entgegen dem Instinkt eines Schriftstellers zeichnet »sie kämpften« ein viel lebendigeres Bild, als die genaue Position der Arme und Beine jedes Kämpfers zu beschreiben. Das gilt übrigens auch für… – Sie wissen schon.

Aber wenn Sie nicht genau beschreiben, was Ihre Charaktere tun, wie kommunizieren Sie dann die Aktion?

 

Geschwindigkeit

Die Intensivierung des Schreibtempos kann die Unmittelbarkeit und Plötzlichkeit von Konflikten vermitteln. Kurze, einfache Sätze halten den Leser auf Trab. Kämpfe passieren schnell, und Ihre Beschreibung muss dem entsprechen.

Jeder Satz ist kurz, das schriftliche Äquivalent einer plötzlichen Bewegung. Kurze, punktgenaue Sätze sind ein Muss für jede Kampfszene. Die Erzeugung von Tempo funktioniert überdies am besten, wenn diese Technik mit der Perspektive kombiniert wird.

 

Perspektive

Es ist schwierig, Nervosität und Anspannung zu vermitteln, wenn man etwas objektiv beschreibt. Das ›Herumschweben‹ um den Kampf, das die Handlungen beider Figuren beschreibt, bedeutet eine Einschränkung in Bezug auf die Greifbarkeit der Erfahrung. Der Schlüssel ist, die Leserinnen und Leser in das Zentrum der Handlung zu stoßen. Und um das zu tun, müssen sie den Kampf durch eine der Figuren erleben. Das bedeutet nun nicht, dass Sie zur Ich-Perspektive wechseln sollen. Aber Sie sollten die Erzählform der Dritten-Person-Singular für die Dauer des Kampfes am besten auf eine der beteiligten Figuren fokussieren.

Verben, nicht Adverbien

Kampfszenen erfordern Kürze, und Adverbien sind das Gegenteil. Anstelle von »Peter schlug Klaus hart auf die Fresse« verwenden Sie besser »Peter schlug Klaus auf die Fresse«. Wenngleich das Erste lustiger klingt.

Der gelegentliche Einsatz von Adverbien mag seinen Platz haben; aber Sie möchten, dass der Satz in seiner Kürze und Prägnanz der Aktion der Figur entspricht und nicht durch umständliche oder gar überflüssige Ausdrucksweise ›hinterherhinkt‹.

 

Sensorische Informationen

Die ›normale‹ Beschreibung funktioniert in Kampfszenen nicht, weil der Gedanke in unmittelbaren, physischen Situationen keine große Rolle spielt. Was es reichlich gibt, sind sensorische Informationen. Der Geschmack von Blut, das Klingeln in den Ohren, die Schmerzen der Verletzungen. Sensorische Informationen sind besser auf die Leser übertragbar. Sie können sehr detaillierte Bilder und Empfindungen in den Lesern heraufbeschwören. Verwenden Sie sensorische Informationen, um eine Kampfszene erfahrbar zu machen.

 

Nur die Ergebnisse

Das Gegenteil des Schreibens einer Kampfszene, das aber gelegentlich in Betracht gezogen werden sollte, ist, die Gewalt ganz zu überspringen. Diese Methode kann ebenfalls sehr effektiv sein.

Hier erfahren wir keine Details über den Kampf, können zunächst oftmals noch nicht einmal sicher sein, dass ein Kampf stattgefunden hat, und doch ist der Effekt der fehlenden Szene umso stärker, sobald wir erste Hinweise auf die Konsequenzen des vorangegangenen Kampfes erhalten. Wenn eine der Figuren plötzlich starke Verletzungen hat oder im Krankenhaus liegt, kann sich der Leser ausmalen, mit welcher Heftigkeit der Figur zugesetzt worden sein muss.

Das Auslassen der Darstellung der eigentlichen Kampfhandlung ist übrigens eine Methode, die sich prinzipiell auch gut auf das Schreiben von Sexszenen übertragen lässt – aber hier soll es ja nun ausschließlich um Kampfszenen gehen.

Abschließend

Der Schlüssel, um eine Kampfszene richtig umzusetzen, ist zu lernen, dass Details in diesem Zusammenhang weitestgehend zu vermeiden sind. Fernsehen und Film haben uns zwar gelehrt, dass die Choreographie eines Kampfes das Wichtigste ist, um das Publikum zu beeindrucken, aber hier zeigt sich, dass verschiedene Medien unterschiedliche Methoden erfordern.

Schreiben Sie um die physischen Aktionen herum, skizzieren Sie die Stimmung und geben Sie den Leserinnen und Lesern Geräusche, Gerüche, Geschmäcker und Gefühle des Kampfes. Die Leserinnen und Leser werden die Prägungen durch Film und Fernsehen dazu nutzen, sich ihre eigenen knallharten Kampfszenen vorzustellen.

 

 

4 Gedanken zu „Wie man gute Kampfszenen schreibt

  1. „Peter schlug Klaus in die Fresse“ – so trocken, so kurz und prägnant. Wunderbar! Für mich doppelt witzig, weil ich gestern erst über Penner Peter gebloggt habe, der sich über spärliche Almosen beklagt … Zufall? :-D

    Schöner Artikel und wichtige Tipps für den literarischen Endkampf! DANKESCHÖN!

    Gefällt 1 Person

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