Auf die Länge kommt es an, oder: Wie lang sollte Ihr Buch sein? – Ein Leitfaden

Die Frage nach dem „Wie lang?“ muss wohl eine der am häufigsten gestellten Fragen von neuen Autoren sein – vielleicht auch von bereits erfahreneren. Jedenfalls begegnet man dieser Frage immer wieder in den einschlägigen Foren und Gruppen.

Es gibt spezifische Faktoren, die Ihnen helfen werden, die „richtige“ Länge für jedes Buch zu finden, das Sie schreiben. Während Sie zwar Ihren eigenen Schreibstil beibehalten sollten, ist es ratsam, das Buch in der üblichen Länge zu schreiben und (so weit wie möglich) zu liefern, was die Verleger und Leser erwarten. Denn es gibt einige ungeschriebene Gesetze am Literaturmarkt, und wenn Sie als AutorIn erfolgreich sein möchten, sollten Sie nicht die Erwartungshaltung derjenigen enttäuschen, von denen Ihr Erfolg abhängt.

Buchtyp und Zielgruppe

Sie können eine grobe Vorstellung davon bekommen, wie lang Ihr Buch sein sollte, indem Sie einfach kategorisieren, welche Art von Buch Sie schreiben und welche Zielgruppe es hat. Höchstwahrscheinlich werden nicht alle Siebenjährigen den wunderbaren Intellekt von Roald Dahls „Matilda“ haben und so etwas Langes wie „Krieg und Frieden“ lesen wollen. Ebenso werden die meisten Erwachsenen nicht sehr an einem 40-seitigen Bilderbuch interessiert sein. Und wenn doch, dann fordern sie sich selbst vielleicht nicht genug heraus.

Im Folgenden also die Empfehlungen für Buchlängen je nach Buchtyp und Zielgruppe.

Kinderbilderbuch: 500-600 Wörter auf 32-48 Seiten.

Kinderkapitelbuch: 1.000-10.000 Wörter.

Kinder ab 12 Jahre: 20.000-50.000 Wörter.

Junge Erwachsene (Young Adult): 40.000-70.000 Wörter.

Flash-Fiction: 500 Wörter oder weniger.

Kurzgeschichte: 5.000-10.000 Wörter.

Novelle: 10.000-40.000 Wörter.

Roman: Alles über 40.000 Wörter. Alles, was über 110.000 Wörter hinausgeht, ist ein „Epos“.

Was das Brechen dieser Konventionen betrifft, so rät die Erfahrung davon ab, besonders wenn man ein unbekannter Autor ist. Denn man sollte nicht damit rechnen, die Ausnahme zu sein, sondern zunächst einmal davon ausgehen, die Regel zu sein. Ich weiß, das klingt nicht gerade nach Genieästhetik, aber es empfiehlt sich wahrscheinlich, auf dem Teppich zu bleiben, wenn man seine Bücher erfolgreich verkaufen möchte.

Agenten und Verleger haben aus kommerzieller Sicht ganz einfach nicht die Zeit, sich durch jedes Manuskript durchzuarbeiten, das auf ihrem Schreibtisch landet und von dem behauptet wird, es könnte das nächste „Lied von Eis und Feuer“ sein. Wenn da ein dicker Wälzer liegt und nicht die ersten Sätze und Seiten unmittelbar in Mark und Bein treffen, wird das Ding die Prüfung nicht bestehen. VerlegerInnen und AgentInnen brauchen Gründe, um Ihr Manuskript in den Papierkorb zu werfen und zur Sichtung des nächsten übergehen zu können. Nicht, weil es böse Menschen sind, die den hoffnungsfrohen unbekannten AutorInnen ihre Träume zerstören wollen, sondern weil sie wirklich unter hohem Zeitdruck arbeiten und effektiv sein müssen. Dabei passieren unbestritten Fehler. Aber das ist menschlich. Außerdem muss man auch bedenken, dass die Produktionskosten für ein Buch umso höher sein werden, je umfangreicher das Manuskript ist. Und Verlage sind Unternehmen, die ökonomisch denken müssen.

Dies ist nicht dazu gedacht, Sie davon abzuschrecken, die schwindelerregenden Höhen von Tolkien zu erklimmen, sondern vielmehr, Sie vor den Problemen zu warnen, die Ihnen beim Versuch, Ihr Manuskript zu verkaufen, begegnen können.

Genre

Die Einhaltung der erwarteten Wörteranzahl zeigt, dass Sie Ihren Markt kennen. Die „richtige“ Antwort auf „Wie lang soll mein Buch sein?“ wird durch die Erwartungen des Publikums bestimmt. Wenn Sie einen Fantasy- oder historischen Roman aus einem Bücherregal nehmen, werden Sie nicht überrascht sein, wenn er ziemlich dick ist (und wahrscheinlich einen Drachen auf dem Cover hat). Sie wären aber wahrscheinlich überrascht, wenn ein Young-Adult-Roman anstelle von Hanteln zum Fitness-Training benutzt werden könnte. Genre hat mehr Einfluss auf die Buchlänge, als man denkt.

Hier ist ein Leitfaden zu den empfohlenen Längen für Genrebücher.

Sci-Fi/Fantasy/Historischer Roman: 90.000-120.000 Wörter, alles über 150.000 Wörter könnte eine Herausforderung für Ihre Leser sein. Wie ich gerade oben erwähnt habe, ist es Büchern in diesem Genre erlaubt, umfangreicher zu sein als andere. Man könnte sogar sagen, dass dies bereits Teil der Erwartungshaltung ist. Dies liegt an der Menge an Weltbildung, die erforderlich ist, um einen Leser in eine fiktive Umgebung einzuführen; aber achten Sie darauf, dass diese Erwartung Ihren natürlichen Stil nicht zu sehr beeinflusst. Man muss nicht unbedingt ein Epos schreiben, um ein Meisterwerk zu erschaffen.

Romantik: 50.000-100.000 Wörter. Die große Bandbreite für dieses Genre liegt in der Anzahl der Subgenres, in die es sich unterteilen lässt. Es gibt übernatürliche, erotische und historische Romantik, „chick-lit“, etc.  Dabei ist auch zu beachten, dass längere Liebesromane im Trend zu liegen scheinen. Die großen Bestseller in diesem Genre der vergangenen Jahre, wie z. B. „Twilight“ und „Fifty Shades of Grey“, sind oftmals bequem auf über 100.000 Wörter gekommen.

Mystery & Crime/Thriller/Horror: 70.000-90.000 Wörter. Ich bin sicher, dass ich Ihnen nicht sagen muss, dass Spannung der Schlüssel zu all diesen Genres ist. Das Tempo ist entscheidend, um Spannung zu erzeugen, was bedeutet, dass es hier besonders wichtig ist, nicht zu ausschweifend zu werden und die übliche Wörteranzahl einzuhalten.

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Comicbücher und Manga

Diese Bücher verdienen eine Kategorie für sich allein, da es eine ganze Reihe von Variationen zu berücksichtigen gibt. Comics und Manga werden als Skripte geschrieben, und als solche wird zur Definition ihrer Länge eher eine Seitenzahl als eine Wörteranzahl verwendet. Sofern Ihr Verleger nichts anderes vorschreibt, besteht hier die Möglichkeit einer nahezu unbegrenzten Flexibilität.

One-shot/Einzelausgabe: 20-22 Seiten für eine eigenständige Kurzgeschichte oder eine einzelne Ausgabe als Teil einer Serie.

Anthologie/Mini-Serie/Maxi-Serie: Eine Sammlung von Einzelausgaben, entweder verschiedene Kurzgeschichten oder eine Serie. Eine Mini-Serie sind in der Regel 4-6 Ausgaben, und eine Maxi-Serie sind in der Regel 9-12 Ausgaben.

Fortlaufend: Genau so, wie es sich anhört. Die meisten Superhelden-Sagas, wie z. B. Batman oder Superman, begannen lange, bevor die meisten von uns geboren wurden, und werden wahrscheinlich noch lange andauern, nachdem die meisten von uns tot sind. Klingt komisch, ist aber wahrscheinlich so.

Trade Paperbacks (TPB): Es gibt keine vorgegebene Länge, und TPBs beinhalten oft zusätzliches Material und Covervariationen aus Einzelausgaben. Lassen Sie sich vom Namen nicht täuschen – es kann sich auch um Hardcover handeln.

Graphic Novel: Im Wesentlichen ist „Graphic Novel“ ein ausgefalleneres Wort für ein längeres Comicbuch, das als ein Band erscheint und nicht in Ausgaben unterteilt ist. Es gibt auch keine vorgegebene Länge.

Manga: Manga-Geschichten werden in der Regel eher als „Kapitel“ einer Serie angelegt, anstatt als Einzelausgaben zu erscheinen, und in Anthologie-Mangamagazinen gedruckt, die 200-850 Seiten lang sind. Die Kapitel jeder einzelnen Serie werden dann zu Volumen zusammengefasst, die als „Tankobon“ bezeichnet werden – das entspricht den TPBs.

Die Längen variieren stark von Titel zu Titel, aber die wöchentlich veröffentlichten Kapitel scheinen durchschnittlich 16-20 Seiten zu haben, während die monatlich veröffentlichten Kapitel durchschnittlich 36-50 Seiten haben. Die Bände umfassen in der Regel 180-250 Seiten. Die meisten Manga-Geschichten laufen so lange, wie ihr „Mangaka“ (Manga-Autor) es will, oder so lange, wie es ihre Leserschaft verlangt. Der am längsten laufende Manga, „Kochira Katsushika-ku Kameari Koen-mae Hashutsujo“, begann 1976 und endete erst im September 2016 mit fast 2.000 Kapiteln und 200 Bänden.

Persönlicher Stil

Auch wenn Sie die von mir zur Verfügung gestellten Daten (Quelle: Writer´s Digest) auf jeden Fall im Hinterkopf behalten sollten, wird eine zu restriktive Einhaltung der Wörteranzahl nur Ihren persönlichen Schreibstil beeinträchtigen. Verwenden Sie sie vielmehr als suggestiven Rahmen, um Ihren Bearbeitungsprozess zu unterstützen. Wenn Sie weit unter der Standardwortanzahl landen, wissen Sie, dass Sie entweder das Tempo ein wenig verlangsamen oder einige unterentwickelte Themen oder Aspekte in Ihrem Buch ausarbeiten müssen. Wenn Sie weit darüber hinausgehen, denken Sie bitte an die Verleger und Agenten, die einen Grund brauchen, um Ihr Manuskript in den Papierkorb zu werfen. Prüfen Sie Ihr Manuskript, und streichen Sie so viel aus wie möglich, ohne dass die Geschichte geschädigt wird.

Ihr natürliches Tempo wurde mit ziemlicher Sicherheit von den Genres geprägt, die Sie ohnehin gerne lesen und schreiben, so dass Sie wahrscheinlich feststellen werden, dass es nicht so schwer ist, sich an standardisierte Längen zu halten. Es ist viel weniger riskant – besonders als neuer Autor – sich auf die „Regel“ und nicht auf die „Ausnahme“ zu konzentrieren, wenn es darum geht, wie lang Sie Ihr Buch halten wollen. Finden Sie die richtige Balance zwischen dem Bewährten, Ihren persönlichen Vorlieben und Ihrem natürlichen Schreibstil.

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2 Gedanken zu „Auf die Länge kommt es an, oder: Wie lang sollte Ihr Buch sein? – Ein Leitfaden

  1. Die Tatsache, dass ich gerade hier herumstöbere anstatt zu schreiben, sehe ich einfach mal als »Lerneinheit« an und nicht als »sich vor der Arbeit drücken«.
    Aber zum Thema: Ich bin bei meinem Projekt (Fantasy) gerade bei knapp über 120.000 Wörtern. Wenn ich daran denke, was storymäßig noch geplant ist, werde ich am Ende wohl zwischen 150.000 und 200.000 landen. Für den ersten Entwurf.
    Ich weiß jetzt schon, dass die zweite Fassung an einigen Stellen arg gekürzt werden muss und dass anderes zu schnell abgehandelt wurde. Die Überarbeitung muss diese Fehler zumindest im Ansatz ausbügeln. Besonders der Anfang muss stark gestrafft werden, um eben nach wenigen Seiten nicht schon zu langweilen.
    Bei meinem persönlichen Tempo liegt das allerdings noch in weiter Ferne. Die Zeit bis dahin kann ich ja neben dem Schreiben hier zubringen, um zu schauen, ob es immer noch Illusionen gibt, die sich auch in meiner Ansicht der Autorenwelt bis heute halten. Viele davon sind immerhin schon geplatzt.

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    1. Das empfinde ich mal als Kompliment. Auch wenn es nicht meiner Absicht entspricht, dich all deiner Illusionen zu berauben – wenn sie denn zu deiner Schreibmotivation beitragen. Aber es würde mich freuen, wenn du hier zumindest das eine oder andere Interessante und Hilfreiche für dich findest.

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