Dieser Beitrag richtet sich in erster Linie nicht an die SelfpublisherInnen unter meinen LeserInnen. Was ein Selfpublisher machen muss, um eine Kurzgeschichte zu veröffentlichen, ist schnell gesagt: veröffentlichen.
Gemeint ist hier in erster Linie das Veröffentlichen von Kurzgeschichten in renommierten Literaturzeitschriften, Anthologien oder dergleichen. Dort eine Kurzgeschichte zu veröffentlichen, ist fantastisch für eine(n) AutorIn, sei es als Selbstzweck oder als eine Möglichkeit, Sichtbarkeit und Reputation zu erhöhen. Es kann jedoch unglaublich schwierig sein und viel Ausdauer verlangen, besonders für diejenigen, die gerade erst damit anfangen, ihre Texte zur Veröffentlichung anzubieten. Aber es gibt ein paar Regeln, an die man sich dabei halten sollte, um die Chancen auf eine Veröffentlichung zu erhöhen.
1 Ausrichtung festlegen
Man sollte sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, was man sich von der Veröffentlichung erhofft. Möchte man Anerkennung, Geld oder den eigenen Bekanntheitsgrad erhöhen? In einer idealen Welt bekäme man natürlich sofort alle drei Dinge auf einmal; aber wenn man eine Kurzgeschichte veröffentlichen möchte, sollte man sich auf einen der drei Aspekte konzentrieren. Denn um alle drei zu bekommen, müsste es schon ein Roman sein – zudem einer, der sich gut verkauft.
Außerdem gibt es relativ viele Möglichkeiten, Kurzgeschichten zu veröffentlichen, und daher sollte man sich auf diejenigen fokussieren, die am besten zum eigenen Ziel passen. Wenn es einem wichtig ist, für die eigene Arbeit Geld zu erhalten, dann sind Wettbewerbe die richtige Wahl, bei denen die Gewinnertexte mit einem Preisgeld und zudem mit einer Veröffentlichung honoriert werden. Wenn es einem um die Erhöhung des eigenen Bekanntheitsgrads geht, sollte man evtl. eine Veröffentlichung auf hochfrequentierten Online-Plattformen ins Auge fassen. Die eigene Reputation erhöht man vor allem durch Veröffentlichungen in renommierten Literaturzeitschriften.
2 Ausdauer haben
Wenn man sich an einen Verleger wendet, darf man auf das Beste hoffen, sollte aber auf das Schlimmste vorbereitet sein. Man sollte sich also nicht durch Ablehnungen entmutigen lassen. So fängt fast jede(r) an. Stephen King zum Beispiel hat nach eigener Aussage alle Ablehnungen seiner Kurzgeschichten an seine Wand gepinnt, als er anfing, und sich sehr gefreut, als es auf den Ablehnungen die ersten handschriftlichen Anmerkungen gab (vgl. ders.: Das Leben und das Schreiben).
Weil man von mehr Ablehnungen als Zusagen ausgehen darf, sollte man seine Texte nicht ´für einen bestimmten Verlag´ schreiben, sondern für eine Veröffentlichung an sich.
Nicht selten haben Anthologien und Wettbewerbe thematische Vorgaben. Das ist verständlich; und doch liebe ich persönlich diese Restriktionen nicht. Wenn diese Vorgaben gar allzu eng gesteckt sind, dann kann man den entsprechend verfassten Text kaum noch für etwas anderes gebrauchen, falls er abgelehnt wird. Dass ich für die thematische Ausschreibung eines Wettbewerbs extra einen Text schreibe, kommt eigentlich nicht mehr vor. Entweder die Texte, die ich geschrieben habe, weil ich sie schreiben wollte, passen auf die Vorgaben einer Ausschreibung – oder eben nicht. Das ist dann zwar manchmal etwas schade, aber ich kann es mir schlichtweg zeitlich nicht erlauben, einen Text speziell für nur einen Wettbewerb zu schreiben. Und ich würde auch jedem anderen raten, sich das gut zu überlegen. Meiner Erfahrung nach entstehen unter der Vorgabe von Themen, die nicht genuin die eigenen sind, nicht unbedingt die stärksten Geschichten…
Im Grunde bezieht sich diese Form von Ausschlussverfahren für oder wider die Teilnahme an ausgeschriebenen Wettbewerben oder Veröffentlichungen nicht nur auf das Thema, sondern auch auf Vorgaben zur Textlänge sowie unter Umständen die anvisierte Zielgruppe der Veröffentlichung. Wenn ich einen Text habe und müsste diesen aber beispielsweise allzu sehr kürzen oder strecken, um den Vorgaben gerecht zu werden, hätte aber dabei den Eindruck, dass dies dem Text schadet, würde ich auf eine Teilnahme bzw. Bewerbung verzichten. Gleiches gilt, wenn ich den Ton der Geschichte zu sehr abändern müsste, um sie für ein bestimmtes Lesepublikum anzupassen. Vielleicht bin ich da nicht pragmatisch genug, weil ich mir auf diese Weise womöglich ein paar Veröffentlichungschancen entgehen lasse; aber für mich steht immer die höchstmögliche Qualität des Textes an erster Stelle.
Um überhaupt eine Auswahlmöglichkeit zu haben, muss man sich natürlich einen Überblick über den Markt verschaffen.
3 Recherchieren
Dies sollte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen – einige ernsthafte Sitzungen mit Google werden es tun; aber es ist wichtig, die dominierenden Trends auf dem Markt für Kurzgeschichten zu verstehen. Es gibt mehr Publikationen, die Geschichten mit 3000 Wörtern drucken, als solche, die 5000 Wörter-Geschichten wünschen. Dahingegen gibt es auf dem Markt mit längeren Texten meist mehr Preisgeld oder Prestige zu gewinnen. Man muss sich also – wie bereits gesagt – darüber klar werden, was man möchte. Die Recherche wird auch helfen, sich einen Eindruck davon zu machen, welche Publikationen und Wettbewerbe über ein gewisses Renommee verfügen und welche eher unter „ferner liefen“ angesiedelt sind. Einen guten Überblick bzgl. aktueller Literaturausschreibungen erhält man auf Literaturport. Dort findet man ebenfalls eine Liste von renommierten Literaturzeitschriften. Hier auf indieautor.com gibt es ebenfalls eine – wenn auch nicht ganz so detaillierte, dafür aber umso umfassendere – Link-Liste zu Literaturzeitschriften.
4 Nicht aufhören zu schreiben
Nur permanentes Schreiben und das Verfertigen immer neuer Texte bringt einen der Veröffentlichung näher. Man schreibt eine Geschichte, man reicht sie zur Veröffentlichung ein, und dann passiert in dieser Sache lange, lange nichts. Bis man eine Antwort erhält (wenn man eine Antwort erhält), können unter Umständen etliche Monate vergehen. Das Blödeste, was man machen kann, ist, zu bangen und ständig darüber nachzudenken, ob die Geschichte wohl angenommen werden wird oder nicht. Das ist Zeitverschwendung und macht eine Ablehnung später dann umso niederschmetternder. Das muss man sich von Anfang an und ein für alle Mal klarmachen: Ablehnungen gehören bei diesem Spiel dazu. Man sollte das sportlich nehmen, keinesfalls persönlich.
Anstatt unablässig um die Veröffentlichung dieser einen Geschichte zu bangen, muss man schreiben, überarbeiten und neue Texte zur Veröffentlichung einreichen – wenn man ernsthaft SchriftstellerIn sein bzw. werden will. Diese eine Geschichte ist eingereicht – dahingehend gibt es nichts weiter mehr zu tun. Und wenn sie abgelehnt werden sollte, hat man bereits die nächsten im Rennen.
5 Überarbeiten, und dann überarbeiten
Dass ein Text nach dem ersten Entwurf bereits vollkommen gelungen ist, kommt eigentlich kaum vor. Daher wird er solange überarbeitet, bis alles Störende oder Überflüssige getilgt ist und die Formulierungen stimmig sind. Aber auch rein sprachliche Fehler sollten nach Möglichkeit komplett beseitigt sein, bevor man den eigenen Text irgendwo einreicht.
Die Toleranz für Fehler in Kurzgeschichten ist noch geringer als für längere Fiktion. Übersehene Fehler können nicht nur als Mangel an Professionalität gedeutet werden, sondern zudem auch als ein Hinweis darauf, dass man die Umgebung, in der man reüssieren möchte, nämlich den Literaturbetrieb, nicht wirklich versteht – oder schlimmer noch: nicht respektiert. Ich sage nicht, dass dies in jedem Fall so streng beurteilt werden wird; aber es gibt erfahrungsgemäß Menschen im Literaturbetrieb, die solche Fehler gerne bereits als Ausschlusskriterium behandeln – allein schon deshalb, weil es unveröffentlichte Manuskripte und AutorInnen wie Sand am Meer gibt und jede(r) Verleger(in) froh ist, auf einfache Weise aussortieren zu können.
Daher sollte man seinen Text überprüfen und überarbeiten. Dann sollte man ihn von jemand anderem prüfen lassen. Dann von noch jemand anderem. Und danach dann sollte man den Text überprüfen. Und gegebenenfalls überarbeiten bzw. korrigieren. Man sollte sich dabei vorstellen, dass diejenigen, die die Geschichte lesen werden, sie beim ersten entdeckten Tippfehler umgehend wegwerfen. Damit ist man von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt.
Und falls für die Einreichung des Manuskripts bestimmte Format- oder Layoutvorgaben gemacht werden, sollte man sich auch daran penibel halten. Es sind im Grunde zugegebenermaßen sehr einfache und selbstverständliche Dinge, die ich hier sage. Aber wenn man diese nicht beachtet, sehen die Chancen auf eine Veröffentlichung wesentlich schlechter aus.
6 Ausgewählte Publikationen studieren
Wenn man sich auf eine Stelle bewirbt, macht man sich vorher über das entsprechende Unternehmen schlau. Anders ist es auch nicht mit den Publikationen, die man für die eigene Geschichte anvisiert hat. Man sollte wenigstens eine Ausgabe der Zeitschrift oder des Magazins gelesen haben, in dem man veröffentlichen möchte, oder die Texte von früheren Gewinnern und Mitwirkenden in entsprechenden Anthologien kennen, wenn es um einen Wettbewerb geht, an dem man teilnimmt.
7 Mehrere Publikationen gleichzeitig ansprechen
Das ist natürlich einfacher, wenn man bereits eine gewisse Auswahl an Kurzgeschichten hat; aber man kann auch eine einzige Kurzgeschichte bei mehreren Publikationen einreichen. Wenn man auf mehrere Antworten gleichzeitig wartet, legt man einer einzelnen nicht zu viel Wert bei. Und da die Antworten in der Regel einige Wochen oder Monate auf sich warten lassen, ist es im Grunde eine Notwendigkeit für jemanden, der ernsthaft veröffentlichen möchte, mehrgleisig zu fahren (siehe auch Punkt 4). Sollte es tatsächlich passieren, dass zwei oder mehrere Publikationen denselben Text annehmen möchten, müsste man dann zwar eine oder mehrere unangenehme Mails schreiben; aber das ist in jedem Fall besser als maximal nur vier oder fünf Einreichungen pro Jahr zu machen, weil man keinen Text doppelt oder mehrfach anbieten möchte. Das wäre eine Form von Höflichkeit, mit der man sich als AutorIn ins eigene Fleisch schneidet. Wenn ein(e) Verleger(in) Exklusivität möchte, muss er oder sie eben als Erste(r) „Ja“ sagen und ein entsprechend gutes Angebot unterbreiten. So einfach ist das.
8 Überblick behalten
Wenn man mehrere Texte bei mehreren Ausschreibungen einreicht, sollte man sich notieren, wo man was eingereicht hat. Eine einfache Tabelle ist alles, was man braucht, und es kann einem Ärger ersparen. Es ist nicht nur ein Ausdruck der eigenen professionellen Einstellung, sondern bietet auch Referenzen und Anhaltspunkte, wenn man auf Antworten wartet, und kann für die Planung künftiger Projekte verwendet werden.
9 Anschreiben verfassen
Die meisten Veröffentlichungsrichtlinien enthalten die notwendigen Details für das Anschreiben. Diese beinhalten normalerweise eine kurze Zusammenfassung der Geschichte (ungefähr drei oder vier Sätze sind die Norm), eine kurze und bescheidene Autorbiographie und eine speziell auf den Empfänger zugeschnittene Einleitung. Nach Möglichkeit sollte man einige Details zu der Publikation angeben, die man kontaktiert (vergangene Ausgaben, die einem gefallen haben, oder dort veröffentlichte AutorInnen, die man kennt bzw. schätzt etc.), um zu zeigen, dass es einen guten Grund gibt, warum man gerade dort veröffentlichen möchte.
Es gibt AutorInnen von Kurzgeschichten, die ihre Arbeit blind an Wettbewerbe oder Literaturzeitschriften schicken, und die Redakteure wissen es. Aus diesem Grund ist die Anfrage desto besser, je maßgeschneiderter sie auf den Empfänger passt.
10 Nicht aufgeben
Verleger werden überflutet von Manuskripten. Eine Ablehnung ist daher nicht unwahrscheinlich und kann viele Gründe haben. Vielleicht stimmte tatsächlich die Qualität nicht, oder der Text entsprach nicht ganz den Richtlinien oder dem Thema; es könnte aber vollkommen andere Gründe haben, die nichts mit der Qualität zu tun haben.Wer sich näher dafür interessiert, kann hier auf indieautor.com einen aufschlussreichen Artikel dazu lesen, warum Verlage (k)eine Absage erteilen.
Ein Nachdenken über das Warum einer Ablehnung macht nicht viel Sinn, wenn diese Ablehnung mit einem Standardabsage-Schreiben einhergeht. Eine Absage ist okay. Man wartet schließlich noch auf zwei weitere Antworten für dieselbe Geschichte und arbeitet bereits an der nächsten. Und vielleicht sollte man es so halten wie Stephen King: Falls es irgendeine Art persönliches Feedback zum Text geben sollte, und sei es nur als ein paar hingekrakelte Worte am Rand des Standardabsage-Schreibens, ist das schon ein Erfolg. Man sollte in einem solchen Fall das Nützliche aus diesem Feedback nehmen und weitermachen.
Ausgezeichnet. Ihre Zeilen fallen auf fruchtbaren Boden :)
Herzlichen Dank!
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Es freut mich, wenn der Beitrag nützlich ist.
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sehr hilfreich, danke.
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Das freut mich!
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