Warum sich Autorinnen und Autoren vernetzen sollten

Bevor ich vor bald zwei Jahren mit dem Bloggen begann, gab es in meinem direkten Umfeld niemanden, der ebenfalls literarisch aktiv war – zumindest wusste ich von niemandem. Daran hat sich seitdem nur wenig geändert. Aber durch das Bloggen habe ich mittlerweile zumindest via  Internet Kontakt zu anderen Menschen bekommen, die sich als Schreibende oder Lesende oder beides mit Literatur beschäftigen. Das ist eine ungemeine Bereicherung. Neue Buchtipps, neue Perspektiven, neue Schreib- und Leseimpulse – nicht zuletzt sympathische zwischenmenschliche Kommunikation. Zwar empfinde ich mich in meinem literarischen Tun nach wie vor als Solist, aber das bezieht sich eher auf die Arbeit an konkreten Werken. Ich arbeite mich schreibend an persönlichen Thematiken ab, und da liegt es in der Natur der Sache, dass ich das am besten alleine mache, ohne das durch Einflussnahme von außen zu verwässern. Was aber alles Übrige anbelangt, was mit dem Schreiben zu tun hat, möchte ich gerne im Austausch sein mit den anderen Schreibenden. Mich interessieren andere Schreiberfahrungen, andere Schreibtechniken, andere Schreiballtage, andere Schreibstrukturen usw. usf.

Es gibt solche und solche

Es gibt einige, bisher ebenso unbekannte Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie mich, deren Schreiben mir sehr gefällt. Leider gibt es noch viel mehr, deren Texte ich beinahe unerträglich schlecht finde. Dieser meiner Meinung nach vorhandene Überschuss an schlechter Textproduktion hat bei mir in der Vergangenheit meine ohnehin gegebene Tendenz gestärkt, mich von anderen Schreibenden eher abzugrenzen als mich ihnen annähern zu wollen. Ohnehin besteht ja naturgemäß eine gewisse Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Textproduzenten in Hinblick auf die Vergabe von Literaturpreisen, Verlagsverträgen und Publikumsgunst, weswegen man das Tun der anderen möglicherweise nur allzugerne mit Geringschätzung oder doch zumindest mit Skepsis betrachten möchte. Aber: selbst wenn ich den Kontakt zu all jenen romantischen Hobbyautorinnen und postadoleszenten verkannten Dichtergenies, von denen es in den virtuellen Lesesälen und Schreibkammern des Netzes nur so wimmelt, meiden möchte wie der Teufel das Weihwasser, bleiben immernoch genügend Schreibende übrig, mit denen sich ein Austausch lohnt. Man sollte sich dazu anhalten, Kontakt aufzunehmen, um Informationen zu erhalten und weiterzugeben, nette und vielleicht sogar nützliche Bekanntschaften zu schließen, kurz: das vielbeschworene Netzwerk aufbauen.

Von Autoren und Milchbauern

Was es auch zu bedenken gilt: Wenn jeder Einzelkämpfer bleibt, ist die Position des Einzelnen gegenüber den bestimmenden Mächten des Literaturbetriebs denkbar schwach. Die Verlage, Veranstalter, Produzenten und Förderinstitutionen bestimmen die Gesetze, denen sich die einzelnen zu unterwerfen haben, wenn sie mitspielen möchten. Das wird sich vermutlich auch nicht ändern. Aber es lässt sich vielleicht Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen, indem die Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu einem wesentlichen Bestimmungsfaktor werden. Dazu bedarf es zweierlei: erstens der Kenntnis der bestehenden Gesetze (und ihrer Mängel), zweitens einer gewissen Lobbystärke. Denn eines ist sicher: Ohne Autorinnen und Autoren keine Literatur, und ohne Literatur kein Literaturbetrieb. Man möchte meinen, dass naturgemäß eigentlich die Literaturschaffenden gegenüber den Verwertern am längeren Hebel sitzen sollten. Aber leider ist die Situation womöglich vergleichbar mit dem Verhältnis zwischen Milchbauern und Milchindustrie respektive Discountern. Der einzelne Milchbauer ist gezwungen, das bisschen Geld, das ihm für den Liter Milch angeboten wird, zu nehmen – wenn er seine Milch überhaupt verkauft bekommen möchte. Ohne Discounter kommt die Milch kaum zu den Konsumenten. Und die Discounter können sich die Milchbauern respektive Milchlieferanten aussuchen, denn es gibt einfach zu viel Milch.

Autoren wie Sand am Meer

Es gibt auch zu viele Schreibende, und es kommen ständig neue hinzu. Darunter gibt es immer welche, die ganz passabel − ja, sogar recht gut − schreiben können. Dieser Tatsache ist sich sicherlich jede/r Schreibende bewusst: die Konkurrenz ist groß. Wenn man dann mit diesem Wissen im Hinterkopf von einem Verlag ein Publikationsangebot bekommt, wird man sicherlich einen Teufel tun, dieses Angebot durch allzu forsches Hinterfragen der Verlagskonditionen in Gefahr zu bringen. − Aber es gibt so etwas wie einen Normvertrag, an den sich auch Verlage halten sollten, und es ist gut und wünschenswert, dass jede und jeder Schreibende über solche Standards und Empfehlungen Bescheid weiß.

Im Zeichen der Aufklärung

Das ist auch einer der Gedanken, die hinter indieautor.com stehen: Wenn möglichst viele Schreibende wissen, wie der Laden läuft, kommt das letztlich jedem und jeder Schreibenden zugute. Information, Aufklärung, Mündigkeit. Was für den Menschen im Allgemeinen gilt, gilt auch für Schriftstellerinnen und Schriftsteller im Speziellen. Wenn viele auf ausbeuterische (Vertrags-)Bedingungen der bestimmenden Marktmächte eingehen, nur um möglicherweise den eigenen Namen auf dem Druckwerk eines Publikumsverlags zu sehen, werden dadurch die Bedingungen für alle Schreibenden untergraben. Wenn aber viele in Kenntnis der Gegebenheiten ihre Rechte einfordern und gute Bedingungen aushandeln, hebt das das Niveau für alle.

Wer professionell schreiben will, muss über den Literaturbetrieb, seine Mechanismen, seine Regeln und Gesetzmäßigkeiten Bescheid wissen. Man lernt sicherlich am intensivsten durch eigene Erfahrungen; man kann aber auch lernen durch Erfahrungen, die andere bereits gemacht haben. Und vielleicht lassen sich auf diese Weise sogar unnötige unangenehme Erfahrungen vermeiden.

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Verbindungen aufbauen

Nehmt Kontakt zueinander auf! Tauscht euch aus! Organisiert euch! Gebt nützliche Informationen weiter! Wir profitieren alle davon. Ohne Ansehung von Geschlecht, Alter, Genre, Gattung, Format − ja, sogar ohne Ansehung der subjektiv empfundenen literarischen Qualität.

Berufsverbände und Autorenvereinigungen

Neben der Vernetzung unter Bloggern gibt es selbstverständlich noch viel mehr Möglichkeiten, sich mit anderen Autorinnen und Autoren zu verbinden. Eine Vielzahl von Autorenvereinigungen nehmen die Interessen ihrer Mitglieder wahr. Auf der einen Seite gibt es hier sozusagen Berufsverbände, wie z. B. den Verband deutscher Schriftsteller (VS), die allgemein die Interessen des Berufsstandes der Schriftsteller im Blick haben. Der VS verfügt über ein breites Spektrum von Kontakten im Literaturbetrieb und hat rund 4000 Mitglieder. Fast alle namhaften Gegenwartsautoren sowie Literaturübersetzer gehören dem Verband an. Nicht zuletzt ist es dem VS und anderen Autorenverbänden zu verdanken, dass es auch heute noch die Buchpreisbindung gibt.

Auf der anderen Seite gibt es diverse Autorenvereinigungen, die spezifisch ausgerichtet sind, sei es regional, künstlerisch, Genre-spezifisch etc. Die Mitgliedschaft in einer individuell passenden Autorenvereinigung ist sicherlich empfehlenswert, wenn man das Schreiben professionell betreiben möchte. Mittlerweile gibt es sogar einen Selfpublisher Verband, der sich spezifisch für die Interessen deutschsprachiger Autorinnen und Autoren einsetzt, die verlagsunabhängig publizieren. Über die hier entstehenden Kontakte können sich Möglichkeiten für Lesungen, Vorträge und Publikationen ergeben. Man kann sich verschiedene Tipps und Anregungen holen.

Man kann sich auch über Autorenvereinigungen für bestimmte künstlerische, soziale oder politische Ziele engagieren. Hier wäre an erster Stelle der P.E.N. zu nennen, dessen Beitrittsvoraussetzungen für die meisten allerdings zunächst eine unüberbrückbare Hürde bedeuten dürften, da man bereits über ein gewisses schriftstellerisches Renommé verfügen muss und sich zudem nicht selbst um eine Mitgliedschaft bewerben kann, sondern auf Antrag von P.E.N.-Mitgliedern zugewählt wird.

Social Media Gruppen

Neben diesen Verbänden und Einrichtungen kann man aber in Zeiten der Social Media und des Internets ganz leicht entsprechenden Interessensgruppen bei Facebook, Xing, Google+ etc. beitreten, oder sich in Autorenforen registrieren, wie z. B. dem Montsegur Autorenforum oder dem speziellen Self Publisher Forum.

Bei manchen Gruppen in den sozialen Medien handelt es sich um sogenannte ´geschlossene Gruppen´, zu denen man nur Zutritt bekommt, wenn man von einem Mitglied dieser Gruppe eingeladen wird, ebenfalls beizutreten. Bei den offenen Gruppen ist der Beitritt relativ einfach und die Wahrscheinlichkeit, abgewiesen zu werden, eher gering. Bei Facebook sollte man jedoch vorsichtig sein und nicht gleich innerhalb einer Minute 20 bis 30 Gruppen beitreten wollen — auch dann nicht, wenn diese Gruppen dem eigenen Interesse entsprechen und es gute Gründe gibt, ihnen beizutreten. Dann kann es nämlich passieren, dass Facebook dieses Verhalten als unzulässiges Spammen interpretiert und daraufhin den jeweiligen Account, von dem die Beitrittsanfragen stammen, für einen längeren Zeitraum blockiert. Mir selbst ist das passiert, was ziemlich ärgerlich war, weil ich in alle Gruppen aufgenommen wurde und aufgrund der Blockierung dann aber teilweise auf Willkommensnachrichten der Gruppenmoderatoren und -mitglieder nicht antworten konnte – was natürlich keinen besonders höflichen Eindruck macht.

Apropos: Es gibt in den sozialen Netzwerken, insbesondere bei Selfpublishern, eine Tendenz, die sozialen Kanäle und Kontakte überwiegend zur Bewerbung eigener Produkte zu nutzen. Einerseits ist dies gewissermaßen verständlich, andererseits sollte man sich dahingehend mäßigen, weil ein solches Nutzungsverhalten von den anderen schnell als lästig empfunden werden kann. Wenn einer meiner Kontakte dadurch auffällt, dass er immer nur direkt oder indirekt auf sein oder ihr neuestes Buch hinweist, führt das schon bald dazu, dass ich diesen Kontakt entweder aus meiner Liste lösche oder zumindest dessen Beiträge geflissentlich ignoriere. Werbung in den sozialen Medien zu machen ist okay, aber bitte alles in Maßen.

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Fazit

Die Möglichkeiten der Vernetzung sind mannigfaltig. Man sollte sie nutzen − zum Vorteil aller Schreibenden. Nicht nur der persönliche Austausch mit interessanten Menschen ist dabei bereichernd, auch das Potential zur Informationsübertragung ist von großer Bedeutung. Je mehr Kenntnis und Professionalität auf unserer Seite stehen, desto stärker unsere Interessensvertretung am Markt. Wir können uns gegenseitig helfen, auch wenn wir vielleicht mit unserem Schreiben unterschiedliche Ziele verfolgen und unterschiedliche Motivationen und ästhetische Vorstellungen verbinden. Was uns aber miteinander verbinden sollte, ist, um mit Heinrich Böll zu sprechen, eine „Einigkeit der Einzelgänger“.


Anhang: Liste deutschsprachiger Literaturvereinigungen und -verbände (in Auswahl)

42erAutoren

AIEP Austria – Verein zur Förderung der österreichischen Kriminalliteratur

Arbeitskreis für Jugendliteratur

Aura09 – Aktion unabhängiger Rhein-Ruhr Autoren

Autorinnen und Autoren der Schweiz | AdS

Autorinnenvereinigung

Börsenverein des Deutschen Buchhandels

BücherFrauen

Buchlobby Schweiz

Bundesverband junger Autoren | BVjA

Bundesverband der Friedrich-Bödecker-Kreise

Das Syndikat

Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung

Deutscher Literaturfonds

Die Literaturübersetzer | VdÜ

Dramatiker Union | DU

Dresdner Literaturbüro

Femscript – Netzwerk schreibender Frauen

Forum Hamburger Autorinnen und Autoren

Freier Deutscher Autorenverband | FDA

Freischreiber – Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten

Literarische Gesellschaft Bochum

Literarische Gesellschaft Ruhr

Literaturbüro Mainz für Rheinland-Pfalz

Literaturbüro NRW

Literaturbüro Ostwestfalen-Lippe

Literaturbüro Ruhr

Montsegur Autorenforum

Mörderische Schwestern

Münchner Übersetzer-Forum

Österreichischer P.E.N.-Club

P.E.N.-Zentrum Deutschland

Phantastik-Autoren-Netzwerk | PAN

Phantastische Akademie

Selfpublisher Verband

Verband der Redenschreiber deutscher Sprache | VRdS

Verband Deutscher Drehbuchautoren

Verband deutscher Schriftsteller | VS

Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke | VdÜ

Verein für Literatur Dortmund

Westfälisches Literaturbüro | WLB

Ein Gedanke zu „Warum sich Autorinnen und Autoren vernetzen sollten

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