Schlüsselereignisse, auslösende Vorfälle und Handlungspunkte werden oft synonym gebraucht, was jedoch nicht korrekt ist. Deshalb werde ich in diesem Beitrag die spezifische Definition der Begriffe betrachten und Beispiele geben, wie sie verwendet werden können, um eine spannende Geschichte zu erzählen. Ich werde mir ansehen, warum Schlüsselereignisse, auslösende Vorfälle und Handlungspunkte so oft als dasselbe behandelt werden, und zeigen, warum das nicht der Fall ist. Darüber hinaus möchte ich Ihnen praktische Ratschläge für Ihr Schreiben geben, die diese Unterscheidung der Begriffe mit einbeziehen.
Für all das ist es jedoch wichtig, diese Begriffe im Kontext zu betrachten.
Filmdarstellung und die Drei-Akt-Struktur
Schlüsselereignisse, Handlungspunkte und entscheidende (auslösende) Vorfälle, diese Begriffe haben im Kontext der visuellen Medien – nämlich Fernsehen und Film – eine sehr viel konkretere Bedeutung und Geschichte. Erzählungen mit ihren Wurzeln in solchen Medien stehen oft in irgendeiner Form in Beziehung zu der »Drei-Akt-Geschichte«, die in Blake Snyders umstrittenem Buch »Save the Cat« beschrieben wird.
Der erste Akt in dieser Art von Erzählstruktur besteht darin, den Leser in die Welt der Geschichte zu versetzen – die ›Einsätze‹ festzulegen, die Charaktere vorzustellen und die Reihe von Ereignissen in Gang zu bringen, die die Erzählung fortan antreiben werden. Der zweite Akt befasst sich mit einem eskalierenden Problem, während der dritte sich mit der Lösung dieses Problems befasst. In diesem Zusammenhang können auslösende Vorfälle, Schlüsselereignisse und Handlungspunkte am besten verstanden werden.
Sie fragen sich vielleicht, was die Filmkunst mit Ihrem Roman zu tun hat. Einfach ausgedrückt: die Drei-Akte-Geschichte ist eine unglaublich funktionale Geschichtenstruktur. Sie orientiert sich eng an der ›Heldenreise‹, die in Joseph Campbells empfehlenswertem Buch und Standardwerk der Mythenforschung »The Hero with a Thousand Faces« (dt. »Der Heros in tausend Gestalten«) beschrieben wird, – einer Grundstruktur, auf der viele unserer wertvollsten und eindrucksvollsten (kulturell überlieferten) Geschichten basieren.
Vielleicht möchten Sie von dieser Struktur abweichen, komplexere Wege gehen, die einzigartigen Möglichkeiten des schriftlichen Mediums erforschen, aber wahre Originalität kann erst beginnen, wenn man weiß, was das Regelhafte ist.
In diesem Sinne ermöglicht das Verständnis von Vorfällen, Schlüsselereignissen und Handlungspunkten, dass Sie geübt darin werden, eine hochfunktionale, aber einfache Story-Struktur zusammenzustellen. Wohin Sie dann Ihre Geschichte von dort aus weiterentwickeln wollen, ist Ihre Wahl, aber die Grundlagen zu beherrschen, ist die beinahe unabdingbare Voraussetzung, um bei einem weiteren Ausloten des Machbaren Erfolg zu haben.
Was ist eine »Geschichte«?
Es gibt viele Definitionen dafür, was eine »Geschichte« ist, aber eine der einfachsten und genauesten ist: »etwas passiert«. Dieses »Etwas« hat in der Regel einen Anfang, eine Mitte und ein Ende, oder zumindest ist ihm dies implizit – der Leser versteht, dass es vorher eine Situation gibt bzw. gab, einen Status quo, und dass etwas passiert, das das verändert.
Was ist ein »auslösender Vorfall«?
Der auslösende Vorfall ist die Sache, die das »Etwas« in Ihrem »Etwas passiert« in Gang bringt. Der Grund, warum es sich dabei um einen solch schwammigen Begriff handelt, ist, dass der Ort, an dem der Vorfall in der Geschichte vorkommt, unterschiedlich sein kann. Es hängt davon ab, welche Art von Geschichte Sie erzählen.
In der traditionellen Drei-Akt-Geschichte beginnen Sie (wenn auch nur kurz) mit einem Hinweis auf den ursprünglichen Status quo. Ein entscheidender Vorfall verursacht den Rest der Geschichte. Andernfalls handelt es sich nur um ein Ereignis.
Manchmal ist es sinnvoll, eine Geschichte mit dem auslösenden Vorfall zu beginnen. Und manchmal ist es sinnvoll, zunächst einige Zeit darauf zu verwenden, den Status quo zu schildern, bevor der auslösende Vorfall eintritt. Der auslösende Vorfall ist also nicht das erste Ereignis, das in der Geschichte vorkommt, sondern es ist der Katalysator, mit dem die Handlung gestartet wird.
Es lohnt sich, hier auf den Unterschied zwischen den Ereignissen einer Geschichte und ihrer Handlung zu sprechen zu kommen. Wenn Sie bei der Anwendung auf Ihre Geschichte keinen auslösenden Vorfall identifizieren können, sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie die Handlung Ihrer Geschichte richtig identifiziert und von den Ereignissen getrennt haben. Es sollte ziemlich klar sein, was den Protagonisten aus dem Status quo in eine Zeit des Wandels und Umbruchs treibt – wenn nicht, schauen Sie sich noch einmal an, worum es in Ihrer Geschichte wirklich geht.
Was ist ein »Schlüsselereignis«?
Das Schlüsselereignis ist der Moment, ab dem Ihr Protagonist nicht mehr in den alten Status quo zurückkehren kann. Die Dinge haben sich geändert, sie nehmen ihren Lauf, es gibt kein Zurück mehr. Katniss meldet sich freiwillig zu den Spielen (»Hunger Games«), Harry wird von einem Halbriesen namens Hagrid in einen magischen Teil Londons namens Diagon Alley begleitet (»Harry Potter und der Stein der Weisen«), die Marsmenschen greifen Zivilisten an (»Krieg der Welten«). Dieser Punkt ohne Rückkehr muss nicht physisch sein (Harry könnte z. B. hypothetisch nach Hause zurückkehren, wenn er wollte), sondern verändert die Art der Welt, des Selbst oder der Erfahrung des Protagonisten.
Das Schlüsselereignis tritt oft gegen Ende des ersten Aktes ein, da es als Übergang zwischen dem Status quo und der Zeit des Umbruchs dient. Allein reicht es jedoch nicht aus, eine Geschichte zu erzählen. Stattdessen ist es Teil eines ›Double-Acts‹, der auch den ersten Handlungspunkt mit einschließt. Das Schlüsselereignis und der erste Handlungspunkt sind oft miteinander verbunden. Das liegt daran, dass diese beiden Elemente oft sehr nah beieinander liegen – so nah, dass sie unmittelbar nacheinander auftreten können.
Was ist der erste »Handlungspunkt«?
Der erste Handlungspunkt ist das Ereignis, das die Figur in ihre Konfrontation mit dem neuen Umbruch vorantreibt. Das mag sich ähnlich wie die Definition des Schlüsselereignisses anhören, aber in der Tat sind die beiden unterschiedlich – das Schlüsselereignis bedeutet, dass der Protagonist nicht mehr umkehren kann, und der erste Handlungspunkt treibt ihn vorwärts.
In »Harry Potter und der Stein der Weisen« ist dies wohl Harrys Ankunft auf Hogwarts. Harry findet Freunde, wird einem Schulhaus zugewiesen und hat einen anspruchsvollen Lehrplan zu absolvieren. Diagon Alley schließt den vorherigen Status quo ab und führt Harry in eine neue Welt ein, aber es gibt keinen signifikanten Impuls für den zweiten und dritten Akt. Auf diese Weise nimmt sich Rowling Zeit, befreit Harry allmählich von seinem Status quo, zeigt, dass es eine ganz neue Welt gibt, von der er jetzt ein Teil ist, und gibt ihm dann Ziele, Herausforderungen und Beziehungen, die dazu dienen, die Geschichte voranzutreiben.
Im Gegensatz dazu präsentiert »Krieg der Welten« sein Schlüsselereignis und den ersten Handlungspunkt mehr oder weniger im selben Moment. Wenn die Marsmenschen angreifen, gibt es kein Zurück in die Welt, wie sie war, und die Figuren haben eine klare Motivation, voranzukommen. So auch in Geschichten wie »Alice im Wunderland« (Lewis Carroll) oder »Ein Weihnachtslied« (Charles Dickens) – in diesen Geschichten werden die Protagonistin bzw. der Protagonist physisch an einen neuen Ort transportiert, der die Handlung sofort vorantreibt.
Es gibt eine Vielzahl von Optionen, wo Sie den auslösenden Vorfall platzieren können. Auch den Zeitraum zwischen dem Schlüsselereignis und dem ersten Handlungspunkt können Sie variabel setzen; allerdings müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass sich der Ton und die Stimmung Ihrer Geschichte je nach Ihren Entscheidungen drastisch ändern können.
Unterschiede im narrativen Raum
Wenn Sie den auslösenden Vorfall, das Schlüsselereignis und den ersten Handlungspunkt richtig verstehen, wissen Sie auch, wie Sie Ihre Leserinnen und Leser in die Handlung Ihrer Geschichte einführen können. Das ist wichtig, denn die Leser ins kalte Wasser zu werfen oder die Einführung der Handlung auf eine Weise zu verzögern, die eher frustriert als interessiert, ist eine schlechte Art, eine Geschichte zu beginnen. Dies ist insbesondere bei dem Schlüsselereignis und dem ersten Handlungspunkt der Fall, da man sowohl den vorherigen Status quo abschotten als auch den Protagonisten vorantreiben muss.
Wenn Sie Ihre Handlung identifizieren können und wissen, was sie in Gang setzt, den Wandel vom Status quo zur Umbruchphase zeigen und Ihren Charakter auffordern, sein Problem anzugehen, dann ist das ein guter Anfang. Diese Momente bestimmen den Ton Ihrer Geschichte.
Ich habe bereits erwähnt, dass »Harry Potter und der Stein der Weisen« eine ungewöhnlich große Lücke zwischen Schlüsselereignis und erstem Handlungspunkt lässt, aber das ist sicher kein Zufall. Rowling schwelgt in der Welt ihrer Geschichte, weiß, dass die Leserinnen und Leser das Gleiche tun, und lässt sie sogar die Welt durch die Augen des Protagonisten entdecken (der genauso erstaunt und neugierig ist). Der auslösende Vorfall geschieht lange vor all dem – tatsächlich baut Rowling die Aufforderung, in diese magische Welt einzutreten, stetig auf, bis Harry eigentlich keine andere Wahl mehr hat. Das hilft, Spannung aufzubauen; Harry und der Leser erhalten eine Einladung nach der anderen, in diese Welt einzutreten, so dass sie, wenn sie es endlich tun, darauf vorbereitet sind, in diese Welt einzutauchen und ihre Besonderheiten zu entdecken.
Das Nachdenken über die Platzierung dieser Punkte – wie viel Zeit der Leser in einer Phase verbringt und warum – kann helfen, Ihre Geschichte gut und ansprechend zu strukturieren. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, wie sich Harrys Abenteuer anders lesen würden, wenn er direkt vom Haus seiner Tante und seines Onkels zur magischen Schule gelangen würde: wenn Schlüsselereignis und erster Handlungspunkt eins wären. Die Vorfreude wäre nicht nur begrenzt, sondern die Welt fühlte sich auch kleiner an. Als Übergangsraum ist die Diagon Alley in London versteckt – Rowling spaltet Harrys Welt nicht zwischen magisch und nicht-magisch, sondern suggeriert, dass Magie schon immer da war und nur entdeckt werden musste. Ein direkter Umzug nach Hogwarts würde eine größere Dichotomie schaffen und seine Reise ähnlich wie die von Alice gestalten, die aus einer Welt der fragwürdigen Vernunft in eine Welt des zweifellosen Unsinns stürzt.
In »Alice im Wunderland« gibt es kaum eine Zeit vor dem auslösenden Vorfall (Sichten eines weißen Kaninchens). Und unmittelbar darauf stürzt Alice auch schon in ein unmöglich tiefes Loch, das sie in die herausfordernde Umgebung des Wunderlands versetzt.
Dieser Sturz ist jedoch offen für Interpretationen und wird in filmischen Adaptionen der Geschichte oft dazu verwendet, um die Art der Beziehung zwischen Schlüsselereignis und erstem Handlungspunkt der Geschichte zu verändern. Wir können den Tunnel als das sehen, was er wirklich ist: eine besonders lange Tür, die der Schöpfer beliebig dehnen oder stauchen kann. Das Schlüsselereignis (Sturz ins Loch) ist der Eingang, und der Ausgang aus dem Loch ist gleichbedeutend mit dem ersten Plotpunkt.
So wird beispielsweise in Tim Burtons Film »Alice im Wunderland« der Tunnel zu einer erweiterten Sequenz, die allmählich die Seltsamkeit des Wunderlandes in die realistische Welt des Status quo einführt. In dieser Version der Geschichte wird der Tunnel zu Alices eigener Diagon Alley – ein Übergangsraum zwischen dem Schlüsselereignis und dem ersten Plotpunkt, an dem Alice zwar nicht zum Status quo zurückkehren kann, aber noch keinen wirklichen Grund hat, die Handlung voranzutreiben.
Ob das besser oder schlechter ist als die Originalfassung, hängt von der persönlichen Meinung ab, aber es klingt nach dem ›realistischeren‹ Wunderland, das Burtons Film darstellt. Dies wird als ein seltsamer, aber realer Ort vorgeschlagen, und nicht als der unmögliche, sich ständig verändernde Traumzustand aus Lewis Carrolls Geschichten. Ich persönlich bin ohnehin der Ansicht, dass Carrolls Werk dramaturgisch sehr zu wünschen übrig lässt und im Grunde genommen aus einzelnen Versatzstücken zusammengesetzt ist. Eine gute Geschichte in erzählerischer Hinsicht ist das nicht; aber womit Carroll punkten kann, sind natürlich die originellen Einfälle.
Burton verlängert ebenfalls die Zeit vor dem auslösenden Vorfall und lässt das Publikum an Alices normalem Leben teilhaben. Mit nur kleinen Änderungen wie diesen ändert sich der Ton der Geschichte, und es entsteht eine neue Interpretation. Das ist in Ordnung, wenn Sie eine etablierte Geschichte nacherzählen, aber wenn Sie etwas Originelles schreiben, denken Sie daran, dass Sie Ihre Geschichte je nachdem, wie Sie diese Ereignisse einordnen, stark verändern können.
Abschließend
Die obigen Beispiele sollten Ihnen ein Verständnis für den auslösenden Vorfall, das Schlüsselereignis und den ersten Handlungspunkt geben, aber der beste Weg, um zu verstehen, wie sie eine Geschichte verändern können, ist das Experimentieren.
Wenn Sie mit einem Projekt zu kämpfen haben, versuchen Sie, die Platzierung eines dieser Elemente zu verändern bzw. zu optimieren, und sehen Sie, wie sich Ihre Geschichte in Form und Ton ändert. Es ist ein sicherer Weg, um Einblicke zu gewinnen, und es könnte sogar das fehlende Teil des Puzzles sein.