Die Dialoge sind eines der ersten Dinge, die ein Literaturagent oder eine Lektorin bei der Beurteilung der Marktfähigkeit Ihres Buches überprüfen wird. Der Grund ist einfach. Der Dialog offenbart sofort Ihre Fähigkeiten als Autorin oder Autor. Schlechter Dialog signalisiert die Arbeit eines Amateurs, der die Funktionsweise der Sprache nicht verstanden hat. Ein guter Dialog erhellt Ihre Figuren, bringt Ihre Handlung voran und entwickelt Beziehungen.
Einen guten Dialog zu schreiben, ist nicht einfach. Es braucht Übung und Geduld, aber wenn Sie es gelernt haben, wird sich Ihr Niveau als Autorin bzw. Autor enorm verbessern. Ganz zu schweigen davon, dass Sie auch die Prüfung des Literaturagenten oder der Lektorin bestehen könnten.
Woran erkennt man schwache Dialoge, und wie schreibt man gute Dialoge? – Im Nachfolgenden finden Sie einige Tipps zu dieser Problematik, die sicherlich nützlich sein können.
Keine unnötigen Erklärungen
Sie sind ein netter Mensch und deshalb sorgen Sie dafür, dass Ihre Leser verstehen, was Ihre Figuren sagen. Sehen Sie sich folgendes Beispiel an:
»Das sind fantastische Neuigkeiten«, sagte er fröhlich.
Sieht das für Sie richtig aus? Wenn ja, dann sind Sie gerade in eine sehr verbreitete Falle getappt. In diesem Beispiel erzählen Sie Ihrem Leser tatsächlich zweimal von den Gefühlen Ihrer Figur. »Das sind fantastische Neuigkeiten« vermittelt bereits eindeutig Freude, warum also das Adverb »fröhlich« benutzen, um dies zu wiederholen?
Die Erklärung Ihres Dialogs kann Ihre Leser verunsichern und manchmal auch frustrieren. Sie sind intelligent genug, um zu verstehen, was vor sich geht, also bevormunden Sie sie nicht, indem Sie das Offensichtliche hervorheben.
Es verhindert auch, dass Ihre Leserinnen und Leser Ihre Figuren auf einer tieferen, persönlicheren Ebene kennenlernen. Betrachten Sie dieses Beispiel:
»Ich kann es nicht glauben!«, sagte sie.
In diesem Beispiel habe ich dem Dialog keine Erklärung gegeben, was zwei Dinge bewirkt hat. Erstens hat es meinen Dialog verschärft, so dass der Fokus jetzt auf dem liegt, was gesagt wird, und nicht darauf, wie es gesagt wird (mehr dazu später). Zweitens werden die Leser ermutigt, sich die Überraschung meiner Figur vorzustellen, was ihnen hilft, meiner Figur näher zu kommen.
Wenn Sie feststellen, dass Ihr Dialog einer Erklärung bedarf, dann stimmt offen gesagt etwas nicht mit Ihrem Dialog.
Verbannen Sie diese lästigen Adverbien
Der zweite meiner Dialogtipps gilt für den größten Teil Ihrer Prosa, aber er ist besonders wichtig für das Sprechen. Meistens versuchen Schriftsteller, die Monotonie der Verwendung des Wortes »sagte« zu durchbrechen, indem sie es durch Adverbien (glücklich, traurig, wütend) ergänzen. Schriftsteller neigen dazu, mit Adverbien Emotionen in ihren Dialog einfügen zu wollen, und damit schmuggeln sie tatsächlich unnötige Erklärungen ein. Ein starker Dialog vermittelt Emotionen durch das Gesagte und nicht durch die Erklärung der Art und Weise, wie etwas gesagt wird. Wenn Ihr Charakter traurig ist, liegt es in Ihrer Veantwortung, diese Traurigkeit zu zeigen und ebenso, was ihn traurig macht. Sehen Sie sich Folgendes an:
Maria wischte sich die Träne ab, die ihre Wange hinunterlief.
»Ich glaube nicht, dass ich weitermachen kann«, sagte sie.
Hier habe ich dem Leser gezeigt, dass Maria traurig ist, und ich habe die direkte Rede genutzt, um ihre Gefühle zu vermitteln. Hätte ich am Ende der direkten Rede hinzugefügt »sagte sie traurig«, hätte das sofort jede Chance für die Leserinnen und Leser, sich mit Maria zu verbinden, zunichte gemacht. Dadurch, dass die Leserinnen und Leser selbst dazu angehalten sind, sich vorzustellen, wie Maria ihren Satz sagt, beleben sie Maria mit ihren Vorstellungen, wodurch eine engere Verbindung zu dieser Figur hergestellt wird.
Wenn Sie einen kraftvollen Dialog geschrieben haben, ist das Letzte, was Sie tun wollen, die Aufmerksamkeit von ihm abzulenken. Erklärungen und Adverbien stören den Fluss Ihres Dialogs. Lernen Sie, das Wort »sagte« zu lieben. Es mag Sie anfänglich stören, aber der Leser sieht es nicht einmal. Seine bescheidene, zurückhaltende Präsenz erlaubt es den Leserinnen und Lesern, sich auf das zu konzentrieren, was Ihre Charaktere sagen, und nicht darauf, wie sie es sagen.
Studieren Sie echte Konversation
Cafés, Bars und Restaurants sind voll von Menschen, die reden, lachen und Geschichten erzählen. Wenn ich irgendwo bin, beispielsweise in einem Café oder einer Kneipe, achte ich sehr genau auf Gesten, Töne, Mimik und Reaktionen, da diese Ausschnitte aus dem wirklichen Leben mir helfen können, überzeugende und glaubwürdige Dialoge zu schreiben (und Figuren zu entwerfen).
Konversation ist nicht nur ein Austausch von Worten. Wir verwenden auch Körpersprache, um unsere Botschaft zu vermitteln, also ist es selbstverständlich, dass dies in Ihrem Dialog festgehalten werden muss. Sehen Sie sich dazu dieses Beispiel an:
»Ihr habt mich angelogen«, sagte Lara.
»Wir haben es getan, um dich zu beschützen«, sagte Richard.
Robert trat auf Lara zu und griff nach ihrer Hand. »Wir wollten nicht, dass du verletzt wirst…«
Lara drückte seine Hand weg und wandte sich von ihnen ab. »Ich dachte, ich könnte euch beiden vertrauen.«
Hier habe ich den Dialog durch ein wenig körperliche Aktivität ergänzt. Dies macht den Dialog viel überzeugender und die Situation ›plastischer‹, denn Menschen tun oft Dinge oder machen Bewegungen, während sie miteinander im Gespräch sind.
Die Verwendung von solchen Einschüben, die dabei unterstützen, die Gesprächssituation zu ›visualisieren‹, ist eine nützliche Technik, aber Sie müssen darauf achten, es damit nicht zu übertreiben, weil es sonst für die Leserinnen und Leser störend werden kann.
Was keinen Zweck erfüllt, muss weg
Schriftsteller machen oft den Fehler, dass sie in ihrem Dialog zu viele Details liefern. Der Grund ist nachvollziehbar: Sie wollen die Welt des Romans so realistisch und umfassend wie möglich beschreiben – und dazu nutzen sie mitunter auch die Dialoge. Aber das sollte man nicht tun. Denn die Figuren Ihrer Geschichte kennen in der Regel die Welt, in der sie leben, und müssen sie sich nicht gegenseitig erklären und beschreiben.
Und auch die Wiedergabe von Belanglosigkeiten sollte man vermeiden. Über Selbstverständlichkeiten spricht man eigentlich nicht; und wenn doch, dann wird es langweilig. Denken Sie daran, dass es vor allem anderen die Aufgabe des Dialogs ist, die Geschichte voranzutreiben, den Charakteren Tiefe und Bedeutung zu verleihen und (auch für die Figuren) neue Informationen zu vermitteln. Wenn Ihr Dialog keinen Zweck erfüllt, muss er gestrichen werden. Sehen Sie sich dieses tolle Beispiel an:
»Ich habe neulich Ralf beim Einkaufen getroffen«, sagte Uwe.
»Oh, tatsächlich?«, fragte Christine. »Was hat er gesagt?«
»Er hat einen neuen Job. Er hat jetzt flexible Arbeitszeiten, so dass er viel mehr Freizeit hat«, sagte Uwe.
»Das ist gut«, sagte Christine. »Was will er in seiner Freizeit machen?«
»Das habe ich vergessen zu fragen«, sagte Uwe.
Solch ein Gespräch kommt im wirklichen Leben zwar andauernd vor, es hat aber in einem Roman eigentlich nichts zu suchen (es sei denn, Ziel des Romans wäre es, der Belanglosigkeit des Alltags einen Spiegel vorzuhalten). Dieser Austausch zwischen Christine und Uwe ist nicht nur langweilig, sondern auch zwecklos. Dem Leser wird nichts Neues über die Charaktere erzählt, und die Geschichte hat dadurch nichts gewonnen.
Laut lesen
Das laute Lesen Ihres Dialogs ist der schnellste Weg, um Problembereiche zu identifizieren. Es wird alle Fragen im Zusammenhang mit Ausdruck, Tempo, Interpunktion und Lesefluss aufwerfen.
Wenn Sie laut vorlesen, achten Sie darauf, wo Sie stolpern oder wo Sie unnatürlich innehalten. Bringen Sie das in Ordnung. Beseitigen Sie zufällige Reime oder zu oft wiederholte Wörter.
Achten Sie darauf, was gesagt wird und wer es sagt. Passen die Wörter und Ausdrücke zum jeweiligen Charakter? – Wenn Ihr Charakter ein ungebildeter Straßengangster ist, sollte er auch so klingen. Wenn es sich um eine Professorin für Altgriechisch handelt, muss sie zwar nicht in dieser Sprache sprechen, aber sie sollte doch zumindest einigermaßen klug und kultiviert in ihrem Ausdruck sein.
Abschließend
Es ist unmöglich, einen schlechten Dialog zu lesen, ohne dadurch aus der Geschichte gerissen zu werden und sich gestört zu fühlen. Sie sollten sich also die Zeit nehmen, die es braucht, um Ihre Dialoge so zu bearbeiten, dass sie auch der Prüfung eines Literaturagenten oder einer Lektorin standhalten könnten.
Vielen Dank. Wieder sehr interessant.
Wie sieht es aus mit:
Maria wischte sich die Tränen ab. »Ich glaube nicht, dass ich weitermachen kann«
… weitere Handlung des Geschehens …
Muss man da ein „sagte sie“ einsetzen? Wenn die Handlung in der Passage deutlich dargestellt ist, müsste doch eigentlich ohne „Zuweisung“ deutlich werden, dass Maria das sagt, oder? Für mich erscheint so ein Dialog kompakter, wenn wenige Zuweisungen genutzt werden und statt dessen die Handlungen in der Szene weitergehen.
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Müssen muss man da gar nichts – solange man keine grundlegenden Dinge falsch macht (siehe Beitrag). Dein Vorschlag wäre auch völlig okay. Wenn aus dem Kontext klar hervorgeht, wer spricht, kann man sich ein „sagte“ natürlich auch sparen.
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Vielen Dank für die Rückmeldung. Ja, die Szene müsste so deutlich bebildert werden, dass der Leser weiß, welche Aussage zu wem gehört.
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