Wie man eine funktionierende Buchreihe schreibt

Manchmal sind Charaktere und Welten so interessant, facettenreich und vielschichtig, dass sie mehr als einen Roman erfordern; aber das Schreiben einer Reihe stellt ganz andere Herausforderungen an den Autor oder die Autorin als das Schreiben eines einzelnen Buches. Jedes gute Buch hat gut entwickelte Charaktere, eine fesselnde Handlung und eine gesunde Dosis Konflikte, aber eine gute Buchreihe verlangt all das – und mehr.

Eine Serie gibt ein Versprechen ab: Sie verspricht, dass die Leserinnen und Leser ein reicheres und tiefergehendes Leseerlebnis erwartet. Wenn man es richtig macht, kann man am Ende eine sehr treue Leserschaft haben; aber wenn man es falsch macht, kann es sein, dass die späteren Bände der Reihe eine von Leserinnen und Lesern unberührte Existenz fristen werden.

Kriterien einer funktionierenden Buchreihe

Zugänglichkeit, Konsistenz und Eskalation sind die Hauptbestandteile Ihres Geheimrezepts; also sorgen Sie dafür, dass diese Zutaten in ausreichenden Mengen pro ›Buch-Portion‹ vorhanden sind.

 

Zugänglichkeit

Das erste Buch stellt Ihre Charaktere, deren Persönlichkeiten und Motivationen vor und lässt die Leserinnen und Leser Mutmaßungen darüber anstellen, was als nächstes passieren wird. Aber was ist, wenn Ihr Leser das erste Buch auslässt und mit dem zweiten beginnt? Sind Ihre Charaktere dann immer noch überzeugend? Und wie ausführlich sollten Sie die Charaktere im zweiten oder dritten Band vorstellen, wenn viele Leserinnen und Leser sie bereits aus den früheren Bänden kennen?

Sie müssen sich nicht darum bemühen, das, was vorher war, zu wiederholen. Nur ein paar vergangene Ereignisse werden für das, was als nächstes kommt, entscheidend sein. Also versuchen Sie zu identifizieren, was ein neuer Leser wirklich wissen muss. Was vorher geschah, mag integraler Bestandteil der Geschichte im ersten Buch gewesen sein, aber widerstehen Sie dem Drang, Ihren neuen Leserinnen und Lesern alles zu erklären, was sie verpasst haben.

Wenn ein Leser von Ihrer Geschichte mitgerissen wird, ist es ihm egal, ob es einige Referenzen gibt, die er nicht versteht. Nehmen wir »Harry Potter und die Kammer des Schreckens« als Beispiel: Die Schüler einer magischen Schule werden von einem riesigen Monster bedroht; niemand wird sich daran stören, dass er in diesem Buch nicht erfährt, wie Harrys Leben aussah, bevor er ein Zauberer wurde. Während Ihr Schreiben die Leser dazu bringen sollte, herausfinden zu wollen, wie etwas passiert ist, sollten sie andererseits, wenn Sie die Konsequenzen des Vorangegangenen deutlich gemacht haben, nicht zurückgehen müssen.

Für Zusammenhänge, die neue Leserinnen und Leser wissen müssen, könnten Sie in Erwägung ziehen, einen neuen Charakter einzuführen, der bei den Ereignissen des vorherigen Buches nicht dabei war. Stammleser der Reihe werden eine neue Figur interessant finden, und neue Leser können ›zusammen mit der Figur‹ ihren Wissensrückstand aufholen.

Die Leser sind ein kluger, erfahrener Haufen und sie werden eine Menge Hintergrundgeschichte eigenständig ableiten können, solange Ihre Serie Beständigkeit hat.

Konsistenz

Alle Welten und Charaktere, die Sie erschaffen, haben ihre eigenen internen Regeln (im Falle der Figuren: Motivationen und persönliche ›Bedingtheiten‹), deren konsequente Berücksichtigung es den Lesern ermöglicht, sie als ›real‹ zu akzeptieren. Die Leser sind bereit, den von Ihnen geschaffenen Welten und den von Ihnen vorgestellten Charakteren zu vertrauen, solange die Fakten und Regeln in jedem Buch der Serie konsequent angewendet werden. Die Leser werden eher fliegende, violette, singende Pferde akzeptieren, wenn sich diese schlüssig in die vorgegebene Welt einfügen, als dass sie Ihnen einen pathologisch ehrlichen Charakter abkaufen, der dann plötzlich an einer Stelle offensichtlich aus keinem anderen Grund lügt, als dass seine Lüge der Handlung dient.

Konsistenz gilt für das Verhalten von Charakteren, Geschichten und sogar für Themen. Die Einhaltung der Konsistenz wird über mehrere Bücher hinweg schwieriger, da die Geschichte den Autor an Orte führt, die er bei der ersten Gestaltung seiner Welt und seiner Charaktere möglicherweise nicht erwartet hatte. Viele Autorinnen und Autoren schreiben sich in Situationen, die nur gelöst werden können, indem sie bereits etablierten Fakten widersprechen, also stellen Sie sicher, dass Sie die Regeln, die Ihre Geschichte definieren, erkennen und sie nicht aus den Augen verlieren, wenn Sie mit weiteren Büchern Ihre Reihe fortschreiben.

 

Eskalation

Ihre Geschichte muss sich von Buch zu Buch entwickeln. Dies kann in Bezug darauf geschehen, wie viel Ihre Leserinnen und Leser über eine Figur wissen, oder in Bezug auf die Bedeutung von Ereignissen, die in der Erzählung geschehen. So wie Sie im ersten Kapitel eines Buches nicht alles über einen Charakter verraten würden, können Sie nicht zulassen, dass Ihre Figuren bereits im ersten Buch einer Reihe auf ihre größten Hindernisse stoßen.

Die Planung einer Eskalation der Geschehnisse, d. h. eine Intensivierung der Konflikte, ist für eine gute Serie unerlässlich; wenn Sie die Einsätze zu schnell erhöhen, ohne vorauszudenken, müssen Sie schließlich die Konsistenz der Serie untergraben, um ein unrealistisch großes Hindernis zu präsentieren oder zu überwinden. Das Einbringen von Vorteilen oder Verbündeten, die im Laufe der Serie wieder verlorengehen können, gibt Ihnen viele Möglichkeiten zur Steigerung der Geschehnisse und der Spannung im Laufe einer Buchreihe.

Abschließend

Wie bei allen Schreibtipps und -regeln gilt auch hier immer der Zusatz »….außer es funktioniert«. Irgendwann kommt immer jemand und zeigt, dass es funktionieren kann, ohne sich strikt an die gängigen Regeln zu halten. Wenn Sie das zwingende Gefühl haben, dass dies in Ihrem Fall zutrifft, können Sie sich selbstverständlich an einer Buchreihe versuchen, die anders funktioniert. Unter Umständen könnte es Ihnen damit gelingen, neue Maßstäbe zu setzen. Andererseits spricht nichts dagegen, sich an bewährte Mittel und Techniken zu halten. Denn auch in diesem relativ ›sicheren‹ Rahmen kann man großartige Werke erschaffen.

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