Die VG Wort: Ein warmer Geldregen für die schreibende Zunft

Weil mir vor ein paar Tagen der Jahresbericht 2015 der VG Wort ins Haus geflattert ist, möchte ich diesen Anlass nutzen, um diese wunderbare Einrichtung all jenen Autorinnen und Autoren vorzustellen, die vielleicht noch nicht davon gehört haben und nichts wissen von der wunderbaren Möglichkeit, die sich mit einer Mitgliedschaft eröffnet.

Ob man in Tageszeitungen, Zeitschriften oder Magazinen veröffentlicht, wissenschaftliche Bücher oder Artikel schreibt, ob man ein Blog im Internet betreibt – als Mitglied der VG Wort kann man zusätzliches Geld damit verdienen.

Was ist die VG Wort?

Die VG Wort (Verwertungsgesellschaft Wort) ist für die schreibende Zunft das, was für die Musikbranche die GEMA ist. Sie ist nach eigenem Wortlaut ein „rechtsfähiger Verein kraft Verleihung“, ansässig in München, mit einem Büro in Berlin. In Berlin findet in diesem Jahr auch die jährliche Versammlung der Wahrnehmungsberechtigten statt. Das wechselt sich ab, mal München, mal Berlin.

Aufgabe der VG Wort ist die Eintreibung von Geldern aus der Zweitverwertung von Texten sowie die Weitergabe und Verteilung der Tantiemen an die berechtigten Autorinnen und Autoren. In den Statuten der VG Wort steht es folgendermaßen geschrieben:

„Die Aufgabe der VG Wort ist es, mit Hilfe des Urheberrechts für etwas mehr Gerechtigkeit zu sorgen und dem geistigen Eigentümer zu seinem Recht und zu einem finanziellen Ausgleich zu verhelfen.“

Wie macht die VG Wort das?

Einerseits sammelt die VG Wort selber Gelder ein. So fallen zum Beispiel Zuschläge und Abgaben an für technische Geräte und Speichermedien, die dazu genutzt werden können, urheberrechtlich geschützte Werke zu kopieren und/oder zu verbreiten (Kopierer, Drucker, CD-ROMs, DVD-Recorder, DVD Rohlinge, etc.). Auch Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Pressespiegel und Lesezirkel müssen Abgaben an die VG Wort zahlen, sofern sie Texte von Autorinnen und Autoren nutzen, sei es in Form von Ausleihen, Vermietungen oder Nachdrucken. Gleiches gilt  für Rundfunkanstalten und TV-Sender. Und die Kultusministerien stellen jedes Jahr eine nicht unbeträchtliche Summe bereit, die das Fotokopieren von Büchern in Schulen abdecken soll.

Es geht also darum, im Sinne der Autorinnen und Autoren die Zweitrechte an ihren Werken wahrzunehmen.

Dies ist notwendig, da die einzelne Autorin oder der Autor nicht in der Lage ist, in jedem Fall nachzuprüfen, in welcher Form die eigenen Texte und Werke möglicherweise weiterverwertet werden. Die Wahrung der Interessen der Urheber sowie die Nachverfolgung der Mehrfachverwertungen von Texten und die Eintreibung entsprechender Honorare übernimmt die VG Wort. Es geht also um eine pauschale Wahrnehmung von Urheberrechten, wo eine direkte Wahrnehmung seitens der Autoren nicht möglich bzw. praktikabel ist.

Laut des aktuellen Geschäftsberichts betrugen die von der VG Wort eingesammelten Gelder im Jahr 2015 insgesamt 305,32 Millionen Euro (während es im Vorjahr übrigens „nur“ 144,18 Millionen Euro waren – es ist ein enormer Anstieg der Kopiergerätevergütung festzustellen, was allerdings mit einer „Nachzahlung für Drucker für die Jahre 2001 bis 2007 über 155,50 Mio. Euro“ zusammenhängt, in Folge eines Rechtsstreits zwischen der VG Wort und den Geräteherstellern und -importeuren, der in einem Vergleich beigelegt werden konnte).

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Wie kann ich Mitglied in diesem tollen Verein werden?

Das ist ziemlich einfach. Alle, die regelmäßig schreiben und veröffentlichen, können Mitglied der VG Wort werden: Autorinnen und Autoren (sowohl Sach- und Fachliteratur als auch Belletristik), Journalistinnen und Journalisten, Übersetzerinnen und Übersetzer. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und Voraussetzung, um an den jährlichen Tantiemenausschüttungen teilzuhaben.

Um Mitglied zu werden, wird ein sogenannter Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen. Dies ist insbesondere notwendig, wenn man Belletristik, Kinderbücher, Sachbücher für Kinder und Jugendliche, Publikumszeitungen und Zeitschriften sowie Textbeiträge für Fernsehen, Hörfunk, Video/DVD oder Sprachtonträger veröffentlicht. Für die Meldung veröffentlichter wissenschaftlicher Artikel oder Bücher braucht man keinen Wahrnehmungsvertrag.

Der Wahrnehmungsvertrag

Seit etwa vier Jahren ist der Wahrnehmungsvertrag online über das sogenannte T.O.M.-Portal („Texte online melden“) als entsprechendes Formular auszufüllen.

Das Ausfüllen des Wahrnehmungsvertrags ist sehr simpel. Man muss seinen Namen sowie die eigenen Pseudonyme (sofern vorhanden) eintragen, das Geburtsdatum, die Adresse und die Berufsbezeichnung. Letzteres geschieht durch Ankreuzen. Die VG Wort unterscheidet drei Berufsgruppen:

1) Autorinnen/Autoren und Übersetzerinnen/Übersetzer belletristischer und dramatischer Literatur

2) Journalistinnen/Journalisten, Autorinnen/Autoren und Übersetzerinnen/Übersetzer von Sachliteratur

3) Autorinnen/Autoren und Übersetzerinnen/Übersetzer wissenschaftlicher Fachliteratur

Wenn man sich zu mehreren dieser Berufsgruppen zugehörig fühlt, sollte man diejenige ankreuzen, die den Schwerpunkt der eigenen Arbeit darstellt. Und natürlich sollte man seine Bankverbindung angeben. Wurden früher die jährlichen Tantiemen ausschließlich als Scheck per Post übersandt, ist die Zahlung jetzt von Scheckversand auf Überweisung umgestellt worden, so dass man über das Portal T.O.M. auch seine Bankdaten angibt, um an der jährlichen Tantiemenausschüttung zu partizipieren.

Und das war es dann auch schon. Es werden keinerlei Veröffentlichungsnachweise für eine Anmeldung bei der VG Wort verlangt. Wenn man alles ausgefüllt hat, druckt man den Wahrnehmungsvertrag aus und schickt ihn postalisch an die VG Wort.

Es dauert ungefähr zwei Wochen, bis der Zugang zum T.O.M-Portal freigeschaltet ist, was zugleich bedeutet, dass man in die VG Wort aufgenommen wurde. Zudem erhält man eine Mail mit einer entsprechenden Benachrichtigung, in der auch die Karteinummer der Mitgliedschaft enthalten ist. Diese Karteinummer muss von nun an stets beim jährlichen Meldeverfahren der eigenen Texte angegeben werden.

Interessant für Blogger und andere Autorinnen und Autoren im Netz

Inzwischen ist das Veröffentlichen von Texten im Internet ein weiterer großer Tätigkeitsbereich für die VG Wort in Hinblick auf die Wahrnehmung von Urheberrechten geworden. In Betracht für die jährliche Tantieme kommen dabei auch Texte auf dem eigenen Blog, die sich im weitesten Sinne mit Kultur, Kunst, Literatur und Wissenschaft beschäftigen. Die Texte müssen ein paar Mindestvoraussetzungen erfüllen, um vergütet zu werden. Es müssen

  1. urheberrechtlich geschützte Texte sein, die
  2. einen Umfang von mindestens 1.800 Zeichen (inklusive Leerzeichen) haben und die
  3. (derzeit) mindestens 1.500 Mal im Kalenderjahr aufgerufen worden sind.

Für den Bereich Texte im Internet ist eine einmalige zusätzliche Registrierung über das T.O.M.-Portal erforderlich. Um die Abrufzahlen von Artikeln ermitteln zu können, stellt die VG Wort digitale Zählmarken zur Verfügung, die seitens des Blog- bzw. Webseitenbetreibers  in den HTML-Code der entsprechenden Online-Artikel eingebaut werden müssen und daraufhin die Anzahl der Aufrufe an die VG Wort übermitteln.

E-Books werden nicht vergütet

Wer als Selfpublisher von E-Books nun das große Geld gewittert hat, den muss ich enttäuschen. E-Books, die über Amazon, Google Books oder andere Online-Buchhändler zum Kauf angeboten werden, sind meines Wissens bisher nicht meldefähig. Einzige Ausnahme: Wenn E-Books in einem nicht kopiergeschützten PDF-Dokument online zur Verfügung gestellt werden.

Die jährliche Meldung der eigenen Texte

Um in den Genuss der jährlichen Tantiemenausschüttung zu kommen, reicht es jedoch nicht aus, sich als Mitglied bei der VG Wort anzumelden. Will man sich im Sommer möglicherweise über einen Scheck bzw. eine Überweisung seitens der VG Wort freuen, muss man aktiv melden, für welche Texte die VG Wort die Zweitverwertungsrechte wahrnehmen soll. Deadline für die Meldung von Texten im Printbereich (Buch, Zeitungsartikel, Zeitschriftenbeitrag, Übersetzungen, Theaterkritiken, Rezensionen, politische Kommentare, Reiseberichte, Rundfunk- und Fernsehbeitragstexte, Moderationstexte, etc.) ist der 31.01. jeden Jahres. Die Meldung kann entweder schriftlich erfolgen oder aber über das T.O.M.-Portal. Dabei ist der Titel des Textes anzugeben, ebenso in welchem Printmedium der Text erschienen ist sowie die Gesamtzahl der Anschläge, die man für das entsprechende Printmedium geliefert hat. Um meldefähig zu sein, muss der Gesamtumfang pro Verlagsobjekt mindestens 10.000 Zeichen betragen.

Bücher, die man veröffentlicht oder übersetzt hat oder in denen sich ein eigener Beitrag befindet (Anthologien/Sammelbände), müssen nur ein einziges Mal gemeldet werden, nämlich im Jahr ihres Erscheinens, während man Texte, die auch in folgenden Jahren die Meldevoraussetzungen erfüllen, jährlich neu melden muss.

Die Meldung für Online-Texte muss, abweichend zu den Printmedien, bis spätestens zum 01.09. des Jahres vorgenommen werden, ausschließlich über das T.O.M-Portal.

Der Arbeitsaufwand der Meldung hält sich in Grenzen, kann aber – je nach Anzahl meldefähiger Texte – schon einige Stunden in Anspruch nehmen. Wichtig für diejenigen, die Online-Texte melden möchten und also mit den oben erwähnten Zählmarken arbeiten, ist eine gut geordnete Übersicht darüber, welche Zählmarke welchem Text zugeordnet worden ist. Es empfiehlt sich dahingehend, von Anfang an eine entsprechende Excel-Liste oder dergleichen anzulegen, um nicht den Überblick zu verlieren und bei der Meldung eine eindeutige Zuordnung vornehmen zu können. Es wäre doch zu schade, auf Geld verzichten zu müssen, nur weil man zu schludrig war.

Mit der Meldung der eigenen Texte muss man übrigens nicht bis zur gesetzten Frist warten, sondern kann dies auch im laufenden Jahr machen, was der VG Wort sogar ein wenig die Arbeit erleichtert, weil dann der ganze Berg nicht auf einmal abzutragen ist.

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Wieviel gibt´s?

Das ist ganz unterschiedlich und hängt selbstverständlich von der Anzahl der meldefähigen Texte ab. Auch der Umfang der Texte spielt bei der Berechnung eine Rolle. Bei Büchern wiederum richtet sich die Summe nach den Ausleihzahlen in den Bibliotheken. Grundsätzlich bestimmend sind darüber hinaus die jährlichen Einnahmen der VG Wort (im Jahr 2015 laut Geschäftsbericht: 305,32 Mio. Euro), die in einem – wie ich annehme – unglaublich komplizierten Berechnungsprozess an die Wahrnehmungsberechtigten (im Jahr 2015 laut Geschäftsbericht: 518.667) möglichst gerecht verteilt werden. Im Durchschnitt ergäben sich aus den in Klammern angeführten Zahlen des Geschäftsberichts für jeden Wahrnehmungsberechtigten also: ca. 588,66 Euro – was selbstverständlich eine Milchmädchenrechnung ist, weil es natürlich solche gibt, die sehr viel erhalten, und solche, die sehr wenig bekommen. Außerdem ist diese Rechnung Quatsch, da die Einnahmen nicht gleich Ausschüttungen sind, weil hinter der VG Wort ein entsprechender Verwaltungsapparat (87 Angestellte) steht, um die anfallenden Aufgaben zu bewältigen.

Vielleicht besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Zahlen aus dem mir vorliegenden Geschäftsbericht, die sich auf die Ausschüttung für Texte im Internet im Jahr 2015 beziehen: 12.864 Autoren und 8 Verlage erhielten insgesamt eine Summe von 3.228.451,- Euro. Das kann man sich jetzt selbst ausrechnen: Je nach Aufteilung zwischen den Autoren und den Verlagen ergibt das im Schnitt wahrscheinlich etwa 200 bis 250 Euro pro Autor.

Jedenfalls, nach Angaben der VG Wort selbst beträgt die Durchschnittstantieme etwa 400 Euro für Autorinnen und Autoren (Print und Online). Und wer viel veröffentlicht und melden kann, kann sicherlich auch einen vierstelligen Betrag erreichen.

Die Sache mit der Steuer

Die Tantiemen, die man aus der jährlichen Ausschüttung der VG Wort erhält, sind selbstverständlich umsatzsteuerpflichtig und als Einnahmen aus selbständiger Arbeit in der Lohnsteuererklärung anzugeben. Ausgenommen sind hier nur diejenigen, die unter die sogenannte „Kleinunternehmer-Regelung“ fallen und generell von der Umsatzsteuer befreit sind.  Dies trifft auf solche Freiberufler und Selbständige zu, deren jährliche Einnahmen aus selbständiger Arbeit nicht die Grenze von 17.500 Euro übersteigen.

Weil die VG Wort die Tantiemen üblicherweise netto auszahlt, also ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer, kann es für den umsatzsteuerpflichtigen Wahrnehmungsberechtigten im Einzelfall sinnvoll sein, diese Umsatzsteuerpflicht bereits im Wahrnehmungsvertrag anzugeben. Dann werden die 7% Prozent Umsatzsteuer zusätzlich ausgezahlt und müssen nicht von den Erlösen abgezogen werden.

Und nun noch ein Tipp für diejenigen, die bereits seit einigen Jahren Mitglied der VG Wort und zudem umsatzsteuerpflichtig sind, dies aber bisher gegenüber der VG Wort nicht geltend gemacht haben: Man kann sich von der VG Wort die Umsatzsteuer rückwirkend bis auf zehn Jahre nachzahlen lassen. Dazu muss man der VG Wort die bisher aus den Tantiemen abgeführten Umsatzsteuerbeträge in Rechnung stellen. Es gibt auf der VG Wort-Seite sogar extra ein entsprechendes Antragsmuster zu diesem Zweck, und zwar hier.

Man erhält dann von der VG Wort die an das Finanzamt überwiesene Umsatzsteuer zurück, und von da an werden in den darauffolgenden Meldejahren automatisch die 7% Umsatzsteuer auf die Tantiemen aufgeschlagen.

Abschließend

Auch wenn das alles auf den ersten Blick womöglich wie ein ziemlicher Wust wirken mag, ist es im Grunde doch ganz einfach. Man füllt den Wahrnehmungsvertrag aus und wird Mitglied der VG Wort, macht seine Meldungen bis zur jeweiligen Frist (31.01. bzw. 01.09.), und etwa ein halbes Jahr nach der Meldung der eigenen Texte kann man sich womöglich über ein kleines bis größeres Taschengeld freuen.

Man bedenke: die Mitgliedschaft in der VG Wort ist kostenlos. Diese Möglichkeit eines komfortablen Zuverdienstes durch eine zusätzliche Versilberung der eigenen Arbeit sollten sich Autorinnen und Autoren nicht entgehen lassen!

 

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