Verlagsveröffentlichung vs. Selfpublishing

Dieser Beitrag richtet sich vor allem an jene, die sich vielleicht erst in der Anfangsphase des Schreibens bzw. Veröffentlichens befinden und noch keinen richtigen Überblick hinsichtlich der verschiedenen Formen und Möglichkeiten des Publizierens haben.

Es war einmal, dass Autorinnen und Autoren fast ausschließlich auf die Unterstützung von Verlagen angewiesen waren, um ihre Werke zu veröffentlichen. Diese konnten sich aussuchen und entscheiden, welche Werke jemals das Licht der Welt erblicken würden. Die Verlage waren die Torwächter vor dem Palast der Literatur.

In den letzten zehn Jahren hat die Bedeutung des Wortes »Veröffentlichen« eine tektonische Veränderung erfahren. Heutzutage können Sie Ihre Arbeit innerhalb weniger Stunden elektronisch veröffentlichen.

Diese beiden Prozesse unter den gemeinsamen Begriff des »Publizierens« zu stellen, ist nur in dem Sinne möglich, dass sie mit der Bereitstellung eines schriftlichen Produkts zum Verkauf enden. In Wirklichkeit sind sie sehr unterschiedlich, sowohl in dem, was sie von Ihnen, der Autorin oder dem Autor, verlangen, als auch in dem, was sie im Gegenzug anbieten.

In Anbetracht dessen sollten wir die drei wichtigsten Arten des Publizierens untersuchen: ›traditionelles‹ Publizieren, Veröffentlichen im Zuschussverlag oder euphemistisch ›Privatverlag‹ (engl. »Vanity Press«) und Selfpublishing. Ich möchte die drei Formen erklären und voneinander abgrenzen, damit Sie wissen, worum es sich dabei handelt, bevor Sie sich für eine der Möglichkeiten entscheiden.

›Traditionelles‹ Publizieren

Traditionelles Publizieren ist, wenn eine Autorin bzw. ein Autor, in der Regel in Zusammenarbeit mit ihrem bzw. seinem Agenten, die Veröffentlichung des eigenen Buches unter der Schirmherrschaft eines Verlagsunternehmens umsetzt.

Die Zusammenarbeit mit einem Verlag bedeutet in der Regel, die Erstellung von physischen Buchexemplaren zu sichern, und dass diese physischen Produkte in den Buchhandlungen erscheinen, die von den Mitarbeitern und Ansprechpartnern des Verlags betreut werden. Die Verlage zahlen oft im Voraus für die Arbeit der Autorinnen und Autoren, unter der Maßgabe, dass sie einen Prozentsatz der zukünftigen Gewinne erhalten.

Die Kosten dieser Vorteile sind, dass ein Großteil Ihres Erfolgs von der Arbeit eines anderen abhängt, und Sie werden vielen Entscheidungen des Verlags eher passiv zusehen müssen. Es ist die Entscheidung des Verlags, ob er Sie veröffentlicht oder nicht, und dieses Machtungleichgewicht wird während des gesamten Entscheidungsprozesses vorhanden sein. In wie vielen Geschäften Sie erscheinen werden, wie Ihr Buch aussehen wird, welche Form die Werbung annehmen wird (falls vorhanden) – Sie werden an all diesen Entscheidungen beteiligt sein, aber Sie haben nur so weit die Kontrolle, dass Sie die Erlaubnis zur Veröffentlichung Ihres Werks entziehen können.

Ebenso ist das Verlagsgeschäft ein sehr wettbewerbsintensiver Bereich. Es kann Jahre dauern, bis Sie es schaffen, bei einem Verlag mit Ihrem Projekt unterzukommen (wenn überhaupt); und noch viel länger, bis Ihr Buch tatsächlich auf den Markt kommt.

Der Schlüssel zum Verständnis des traditionellen Publizierens liegt darin, dass Sie, wenn Sie Ihre Arbeit bei einem Verlag einreichen, im Grunde genommen darum bitten, ein Team zu bilden. Das Ziel dieses Teams ist es, dass die Menschen Ihre Geschichte lesen. Sie bitten den Verlag nicht nur darum, Ihre Geschichte einfach im Austausch für einen Teil der Gewinne zu drucken, sondern Sie ›rekrutieren‹ Menschen mit speziellen Fähigkeiten für ein gemeinsames Projekt.

Hierin liegt für manche Autorinnen und Autoren ein Problem, denn die Arbeit am Manuskript ist eine intensiv-solitäre Angelegenheit, die Verbindung zur selbstgeschriebenen Geschichte ist beinahe ›symbiotisch‹. Daher kann es schwer vorstellbar sein, zur Erstellung des fertigen Produkts eine  Zusammenarbeit einzugehen. Wenn Sie aber in einem Verlag veröffentlichen wollen, müssen Sie Ihr ›Baby‹ aus der Hand geben. Und Sie können sich sicher sein, dass die Spezialisten im Verlag einiges an Ihrem Werk ändern werden, um es den vermeintlichen Markterfordernissen anzupassen.

Auf der anderen Seite sollte Ihr Manuskript allerdings auch bereits marktkonform genug sein, dass der Verlag nicht zu viel Arbeit in die Anpassung stecken muss. Verlage übernehmen Projekte, von denen sie glauben, dass sie aussichtsreich und profitabel sind, weil es dafür viele Leserinnen und Leser geben wird. Wenn der Verlag denkt, dass ein Buch tiefgreifende Veränderungen braucht, um den Ansprüchen des Literaturmarkts gerecht zu werden, wird er seine Zeit und Kapazitäten nicht investieren, wenn ein ›fertigeres‹ Werk bereits als nächstes oben auf dem Stapel liegt.

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Zuschussverlage

Zuschussverlage verlangen die Zahlung einer Gebühr für die Veröffentlichung Ihres Buches. Im Allgemeinen geschieht dies in Form einer Zahlung für eine vorher festgelegte Anzahl von Druckexemplaren (und ggfls. deren Vertrieb). Aber es gibt auch andere Spielformen, wie z.B. eine Zahlung, damit Ihre Arbeit in eine Anthologie aufgenommen wird. Mittlerweile gibt es solche Zuschussverlage auch mit einer Schwerpunktsetzung auf Selfpublishing. Hier werden dann Selfpublishing-Dienstleistungen völlig überteuert angeboten, die man bei den üblichen Selfpublishing-Anbietern im Grunde genommen kostenlos oder sehr günstig bekommen kann.

Zuschussverlage oder ›Privatverlage‹ gaukeln den Autorinnen und Autoren Seriosität und oftmals auch Exklusivität vor. Aus einer Vielzahl von Gründen haben diese Verlage im Literaturbetrieb aber einen sehr schlechten Ruf – und dies völlig zu Recht. Diese Verlage drucken alles, weil sie sich diese Leistung von den Autorinnen und Autoren zu haarsträubenden Preisen bezahlen lassen. Die Qualität des Geschriebenen ist diesen ›Verlagen‹ egal, weil sie ihr Geld durch die Autoren verdienen, nicht durch den Buchverkauf. Insofern werden auch die Vertriebs- und Marketingaktivitäten solcher ›Verlage‹ sehr überschaubar ausfallen – wenn sie denn überhaupt stattfinden.

In einem Wort: Abstand! Von solchen ›Verlagen‹, wie auch immer sie sich selbst nennen, sollte man sich fernhalten. Insbesondere in Zeiten des Selfpublishing haben Zuschussverlage oder ›Privatverlage‹ eigentlich keine Daseinsberechtigung mehr – wenn sie überhaupt jemals eine hatten. Diese Verlage selbst würden jetzt mit Goethe, Schiller und anderen Klassikern argumentieren, die manche ihrer Werke im Selbstverlag herausgebracht haben. – Aber das waren andere Zeiten (und andere Verlage). Diese Autoren waren nicht dumm; hätte es zu ihren Zeiten die Möglichkeit des Selfpublishing gegeben – sie hätten diese wahrscheinlich dem Publizieren durch irgendwelche Wucherer vorgezogen.

Selfpublishing

Selfpublishing ist auf vielen Wegen verfügbar und beinhaltet in der Regel die Bereitstellung Ihrer Arbeit in einem digitalen Format (als eBook) oder als gedrucktes Buch (im sogenannten Print-on-Demand-Verfahren). Die Autorinnen und Autoren behalten die volle kreative Kontrolle, vom Inhalt bis zum Cover, und sind für die Qualitätskontrolle und das Marketing selbst verantwortlich. Online-Shops, in denen die Bücher vertrieben werden, nehmen in der Regel einen Prozentsatz der Gewinne ein. Wenn Sie Ihre Bücher durch einen sogenannten ›Distributor‹ vertreiben lassen, der in Ihrem Auftrag mehrere Online-Shops auf einmal mit Ihrem Buch beliefert, behält auch dieser für seine Leistung einen Prozentsatz der Gewinne ein. Die Verdienstmöglichkeiten für Autorinnen und Autoren liegen hier aber in der Regel höher als bei einer Veröffentlichung in den traditionellen Verlagen.

Die Vorteile des Selfpublishing liegen eindeutig in der Freiheit des Autors, sein Werk potentiellen Leserinnen und Lesern zur Verfügung zu stellen. Es gibt keinen langwierigen Veröffentlichungsprozess. Theoretisch können Autorinnen und Autoren den Lesern ihre Arbeit am selben Tag zur Verfügung stellen, an dem sie sie beenden. Das sollten sie allerdings lieber nicht tun. Es ist besser, in die Herstellung des bestmöglichen Produkts zu investieren, d. h. den ersten Entwurf zu überarbeiten oder von einem professionellen Lektor überarbeiten zu lassen. Und auch um ein qualitativ hochwertiges Buchcover sollten Sie sich bemühen. Wenn Sie nicht selbst dazu in der Lage sind (und die wenigsten werden das sein), können Sie auch dafür Profis anheuern. Alles in allem sind diese Dienstleistungen von externen Anbietern in der Regel recht kostengünstig zu haben. Sie sollten bedenken, dass Prozesse wie Lektorat und Buchcover-Design wirklich schwierig sind, und Fehler in diesen Bereichen können die Leser leicht dazu bringen, Ihr ansonsten vielleicht exzellentes Buch schlecht zu bewerten – wodurch es im Ranking in den Online-Shops womöglich weit abfällt und in der ›Unsichtbarkeit‹ verschwindet.

Der Nachteil des Selfpublishing-Ansatzes ist, dass selbstveröffentlichte Werke in Bezug auf das Prestige noch einen langen Weg vor sich haben. Die Leser sind nicht so vertrauensvoll wie bei traditionell veröffentlichten Werken, und es gibt bisher keinen Mechanismus außerhalb des Autors, um qualitativ hochwertige Arbeit von der Fülle schlechter Arbeiten zu unterscheiden, die es leider im Selfpublishing immer noch gibt.

Das Veröffentlichen im Selfpublishing bedeutet auch, die Anzahl der potentiellen Leserinnen und Leser einzuschränken, weil der Anschluss an den stationären Buchhandel, der gegenüber dem Online-Handel noch immer den weitaus größeren Teil des Buchmarktes stellt, bisher kaum gegeben und nur schwer zu erreichen ist.

Schließlich müssen Autoren, die eine Selbstveröffentlichung anstreben, akzeptieren, dass es in ihrer Verantwortung liegt, Marketing zu betreiben. Dies bedeutet Vernetzung, die Nutzung von Social Media zum Aufbau der eigenen Autoren-Marke, Aktivitäten wie Buchwerbung und Interviews oder dergleichen. Nicht jedem liegt das. Das Selfpublishing garantiert, dass Ihre Arbeit zum Kauf angeboten wird, aber der Erfolg erfordert viel persönlichen Einsatz und investierte Zeit.

 

Fazit

Während die Veröffentlichung in Zuschussverlagen oder ›Privatverlagen‹ rundheraus abzulehnen ist, bieten traditionelle Verlagsveröffentlichung und Selfpublishing konkurrierende Vorteile.

Denken Sie daran, dass die Wahl einer Veröffentlichungsform die andere nicht ausschließt. Es gibt mittlerweile viele Autorinnen und Autoren, die als Selfpublisher begannen, bevor sie die Aufmerksamkeit eines Verlags auf sich zogen und unter Vertrag genommen wurden. Und viele erfolgreiche Autoren verbrachten Jahre damit, einen Verlag zu suchen, bevor sie ihr Augenmerk auf das Selfpublishing verlagerten. Es gibt auch Autorinnen und Autoren, die bewusst vom Verlag zum Selfpublishing gewechselt sind, oder solche, die beide Formen nutzen.

Ich persönlich z. B. halte es ebenfalls mit einer Mischform. Ich bin ein sogenannter ›Hybridautor‹. Es gibt Bücher von mir, die sind in einem Verlag erschienen, aber ich veröffentliche auch im Selfpublishing. Neben den Büchern, die ich (unter verschiedenen Pseudonymen) in verschiedenen Genres im Selfpublishing veröffentliche, arbeite ich auch an einem Romanprojekt, das ich gerne an einen traditionellen Verlag vermitteln würde. Weil ein solcher Prozess aber – wie oben bereits gesagt – mitunter sehr lange dauern kann, werde ich parallel dazu weiter an neuen Projekten arbeiten und sicher auch einiges im Selfpublishing veröffentlichen. Und sollte sich kein renommierter Publikumsverlag (innerhalb eines bestimmten Zeitraums) an meinem derzeitigen Romanprojekt interessiert zeigen, werde ich auch dafür andere Optionen in Betracht ziehen. – Das klingt nun beinahe wie eine Drohung in Richtung der Verlage – und genauso ist es natürlich auch von mir gemeint. Falls irgendwer von euch Lektorinnen und Lektoren (Suhrkamp, Rowohlt, Ullstein, Diogenes, dtv, Droemer Knaur, Kiepenheuer & Witsch, Piper – und wie ihr alle heißt) das hier lesen sollte: Ihr lasst euch einen großen Fang durch die Lappen gehen, wenn ihr mein Romanprojekt ablehnen solltet…

Am Ende ist die einzig richtige Wahl diejenige, die zu Ihren aktuellen Zielen passt. Stellen Sie sicher, dass die Art der Veröffentlichung, die Sie in Betracht ziehen, diejenige ist, die im Moment das Beste für Sie ist. Wenn Sie möglichst schnell ein paar Einnahmen durch Bücherverkauf generieren möchten, sollten Sie ins Selfpublishing einsteigen, weil Sie hierbei nicht jahrelang auf eine Veröffentlichung warten müssen. Wenn Sie aber irgendwann einmal im ›offiziellen‹ Literaturbetrieb reüssieren möchten, womöglich sogar in weiter Ferne den Literaturnobelpreis anvisiert haben, sollten Sie sich um Veröffentlichungen in renommierten Publikumsverlagen bemühen.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in den Artikeln »Unverlangte Manuskripte – Warum Verlage (k)eine Absage erteilen«,  »Literaturagenturen – Die Türöffner«, »Selfpublishing – Die Basics« und »5 Dinge, die Du wissen solltest, wenn Du Dein Buchprojekt anbieten möchtest«.

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5 Gedanken zu „Verlagsveröffentlichung vs. Selfpublishing

  1. Danke! Danke, für diesen ausgesprochen wertvollen Artikel. Der spricht mich direkt an! Derzeit arbeite ich an meinem Thriller „Reise ins Verderben“ Hier auf WordPress oder auf Wattpad zu finden. Viele Grüße, Kon 📚👏📝💖👍👍

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  2. Ich kann auch nur von Zuschussverlagen abraten!
    Eine Autorin fragte mal einen Kollegen in der Buchhandlung, was er davon halten würde.
    Es ging da um einen „Zuschuss“ von 10.000 €! Er sagte, daß seriöse Verlage das nicht machen würden, also lief die Autorin zum Verlag und konfrontierte die dort damit, die verklagten daraufhin sofort der Kollegen zu er musste einem Vergleich zustimmen und 1.000 € zahlen. Später hat er dann erfahren, daß auch Aspekte, glaube ich war es, einen Beitrag zu den besagten Verlag machen wollte und ebenfalls verklagt wurde…

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      1. Ja, ich fand das auch eine ziemliche Sauerei damals, aber er hatte keine Rechtschutzversicherung und offenbar hatten sich davor schon ein paar Zeitungen die Zähne an dem Verlag ausgebissen, die darüber berichten wollten. Da war für ihn das Risiko zu groß zu verlieren.

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